Umso wichtiger sei, dass der Stockholmer Rat die Modernisierung der Wirtschaft vorantreibe und damit ein Signal des Vertrauens an die Märkte gebe. So weit zur Rhetorik. Denn als in der Runde der Staats- und Regierungschefs über ein konkretes Zieldatum für die völlige Liberalisierung der europäischen Strom- und Gasmärkte diskutiert wurde, stellte sich Frankreichs Premier Lionel Jospin wieder quer. Aus Rücksicht auf die deutsch-französische Freundschaft übt auch der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder hier den Schulterschluss mit Paris.
Fabius malte die Schrecken übereilter Liberalisierungen "aus quasi-religösen Motiven" an die Wand: "Jeder kennt die Stromkrise in Kalifornien und die Geschehnisse bei den britischen Bahnen." Frankreich befürworte Konkurrenz, aber die öffentliche Grundversorgung müsse sicher sein. In Stockholm zeigten sich sogar die Briten in Liberalisierungsfragen zurückhaltend. Allerdings nicht beim Strom, sondern bei den Postdiensten: Gerade angesichts der schlechten Stimmung auf dem flachen Land wegen der Tierseuchenkrise will Premierminister Tony Blair keine Diskussion über die Schließung von hunderten von Büros der "Royal Mail" in kleinen Dörfern riskieren, die bei einer Freigabe des Briefmarktes drohen könnte.
Umso liberaler möchten die Briten allerdings die Rahmenbedingungen für die Biotechnologie in Europa geregelt sehen. Ein Thema, das auch Bundeskanzler Wolfgang Schüssel für wichtig hält. Dabei mangelt es Österreich bei der Forschung allgemein im europäischen Vergleich an Innovationskraft, wie eine Studie der EU-Kommission zeigt.