Gerhard Schröder, ein Mann mit Gespür für den Zeitgeist, stellt daher, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung kürzlich ätzte, seine "biopolitischen Truppen" auf: Die neue SPD-Gesundheitsministerin Ulla Schmidt kann sich vorstellen, die umstrittene Präimplantationsdiagnostik (PID) zu erlauben, die ihre grüne Vorgängerin Andrea Fischer noch vehement abgelehnt hatte. Hinter dem PID-Wortungetüm verbirgt sich die Möglichkeit, Embryonen vor ihrer Einpflanzung in die Gebärmutter auf genetische Defekte hin zu untersuchen und/oder bewusst etwa nach Geschlecht zu selektieren, um geschlechtsspezifische Erbkrankheiten zu verhindern. Kritiker fürchten, dass mit der PID-Zulassung der Herstellung von Designer-Babys gesetzlich Tür und Tor geöffnet werde und man bald auch die verbrauchende Embryonenforschung zulassen werde.
In Österreich haben wir zwar dasselbe Problem, aber keine Debatte. Das darf einen wohl nicht wundern in einem Land, in dem man Bioethik für eine Frage des politisch korrekten Müslis hält und so genannte Umweltpolitiker gemeinsam mit einer Boulevardzeitung den Eindruck erwecken, dass der schiere Anblick von Genmais die sofortige Erblindung zur Folge hat. (DER STANDARD Print-Ausgabe, 24./25.3.2001)