Wien - Die letzte Woche vor der Wahl ist nicht nur die Zeit der großen Schlusskundgebungen - sondern auch des "Klinkenputzens". Es gilt, die Stammklientel zum Wahlgang zu motivieren. Wie interne Analysen zeigen, scheinen allerdings wieder einmal deutliche tektonische Bewegungen in den Wählerschichten stattgefunden zu haben. So registrierte die SPÖ etwa eine leichte Abnahme bei den Wählern über 60 Jahre. Was in dieser Woche noch mit einem eigenen "Pensionistenbrief" der SPÖ abgefedert werden sollte. Nicht zuletzt um Einbrüche in innerstädtischen, "überalterten" Gebieten hintanzuhalten. Andererseits wurden aber tendenzielle Zugewinne bei jüngeren Wählerschichten - vor allem bei den 30- bis 45-Jährigen -, aber auch bei Maturanten und Akademikern geortet. Die FPÖ wiederum setzte wie auch in früheren Wahlkämpfen in Wien an, den Gemeindebau zu "erobern": "Wir haben an jeder der 220.000 Wiener Gemeindewohnunstüren angeläutet", erklärt FP-Wahlkampfleiter Heinz-Christian Strache. Überdies haben die rund 1000 FPÖ-Wahlhelfer auch noch 80.000 Privathausbesuche gemacht. Doch die FPÖ hatte ihren "Wohnungskampf" auch deutlich erweitert: "Wir haben uns bemüht, ganz Wien flächen- und zielgruppendeckend zu bewerben." Dies habe man mit über 40 Großveranstaltungen, "zig Empfängen" und über 400 Standeln getan. Dazu Touren in Szenelokalen und Discos. Aber auch die FP-Minister waren im Einsatz, um neue Wählerschichten zu erschließen: Justizminister Dieter Böhmdorfer etwa lud Juristen zu Empfängen ein, Finanzminister Karl-Heinz Grasser warb bei Gewerbetreibenden um Verständnis für das freiheitliche Wahlprogramm. Zielgruppe Frauen Angesichts sinkender Umfragewerte hielt sich die ÖVP hingegen vor der Wahl auch im Analytischen noch vorsichtig zurück: "Wir hoffen, in den so genannten bürgerlichen Bezirken noch stärker zuzulegen", erklärte Vizebürgermeister Bernhard Görg am Freitag. Zielgruppenorientiert habe man diesmal vor allem versucht, verstärkt Frauen und an Wirtschaftsthemen Interessierte mit dem Privatisierungs- und Finanzierungsprogramm anzusprechen. Die Grünen allerdings haben neben den klassischen innerstädtischen Hoffnungsgebieten diesmal ganze Stadtgebiete neu für intensives Wahlkämpfen erschlossen: "Die jungen Familien, die in die neuen Stadtrandsiedlungen im 21., 22. und 23. Bezirk eingezogen sind", beschreibt Pressesprecher Rudi Leo die neue Zielgruppe. Hier hoffen die Grünen etwa bei jenen zu punkten, die von mäßiger Erschließung durch den öffentlichen Verkehr frustriert sind. Das LiF hingegen blieb bei seinen urbanen Intensiveinsätzen: Die liberale Spitzenkandidatin Alexandra Bolena war im Wahlkampf in "mindestens 60 Lokalen", fast alle innerhalb des Gürtels, erklärt ihre Sprecherin Franziska Keck. Die Zielgruppe? "Wenn schon ein Etikett, dann am ehesten ,Szenelokale'. Dort, wo junge, urbane Menschen zu finden sind." (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24. März 2001)