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Manets berühmtes Gemälde von Maximilians Exekution - nur Fiktion?

Foto: Archiv

Wenn Rolando Deneke Recht behält, müssen sowohl in Mexiko als auch in Österreich die Geschichtsbücher umgeschrieben werden. Dann starb Kaiser Maximilian nämlich nicht durch die abgefeuerten Kugeln eines Exekutionskommandos in Mexiko, sondern lebte noch glücklich und zufrieden bis 1936 im mittelamerikanischen El Salvador. Unter falscher Identität.

In mehrjährigen Forschungen hat der salvadorianische Hobbyhistoriker Rolando Deneke zahlreiche Beweise für seine revolutionäre These zusammengetragen, die mexikanischen Diplomaten zufolge "ernst zu nehmen" sind.

Exekutiert oder . . .

Laut der offiziellen Geschichtsschreibung wurde Erzherzog Ferdinand Maximilian aus dem österreichischen Herrscherhaus Habsburg – nachdem er von Napoleon III. zum mexikanischen Kaiser gemacht worden war – am Morgen des 19. Juni 1867 zusammen mit seinen Generälen Miramon und Mejia auf dem "Hügel der Glocken" in Queretaro exekutiert.

Deneke stieß nun auf eine seiner Ansicht nach seltsame Person, die 1868 unter dem Namen Justo Armas plötzlich in El Salvador auftauchte und sehr germanisch aussah. Ja mehr noch: Die Person soll unzählige Fotos des Kaiserpaares in Mexiko und edle Möbel sowie exquisites Geschirr besessen haben, das teilweise die Insignien des Hauses Habsburg trug. Diese Person, die immer barfuß ging, sei Maximilian gewesen, meint nun Deneke.

Das Barfußlaufen sei auf einen Schwur zurückzuführen, den Maximilian auf die mexikanische Nationalheilige, die Jungfrau von Guadeloupe, geleistet habe, wenn er "gerettet" würde. Sein Leben verdanke Maximilian den jüngsten Forschungen zufolge einem Pakt mit dem mexikanischen Präsidenten Benito Juarez. Beide seien Freimaurer gewesen, daher habe Juarez seinem politischen Rivalen das Leben geschenkt.

Beide hätten damit ihre Ziele erreicht, meint der mexikanische Forscher José Manuel Villalpando: Juarez hätte auch mit der Schein-Exekution und Maximilians Versprechen, nie seine wahre Identität zu enthüllen, sein Vorhaben erreicht, die Monarchie und europäische Ansprüche auf Mexiko für "tot" zu erklären und die Republik zu festigen. Maximilian seinerseits hätte ein neues Leben beginnen können, fern der Demütigung, der Gläubiger am Hof und seiner geistig umnachteten Ehefrau Charlotte.

Deneke hat zahlreiche Beweise für seine Theorie zusammengetragen: Eine Expertise der Handschriften von Armas und Maximilian ergab ebenso wie ein Gesichts- und Schädelvergleich, dass es sich um ein und dieselbe Person handelte. Deneke ließ zudem eine aus den Knochen von Justo Armas gewonnene DNA mit Blutproben vergleichen, die Nachfahren aus dem Hause Habsburg zur Verfügung stellten. Obwohl die DNA von Armas durch Mikroorganismen verunreinigt war, ergab sich eine große genetische Übereinstimmung.

Villalpando verweist darauf, dass die vier Fotos, die es vom toten Maximilian gibt, sehr verschieden voneinander seien, und dass eines davon erwiesenermaßen eine Gummipuppe darstelle. Der Leichnam des mexikanischen Kaisers sei außerdem zweimal stümperhaft einbalsamiert und auf dem Transport roh behandelt worden, "als ob es ein Interesse gegeben hätte, ihn zu deformieren". Erst sieben Monate nach seinem Tod überstellte die mexikanische Regierung die Leiche nach Österreich, wo im Familienkreis Zweifel aufkamen, ob es sich dabei wirklich um Maximilian handelte.

. . . alle angeschmiert

Vor der Exekution war Maximilian von der Öffentlichkeit abgeschirmt worden, und zum Hinrichtungstermin schritt er den Geschichtsschreibern zufolge mit einem Taschentuch vor dem Gesicht. Das Publikum habe nur aus weiter Ferne zuschauen dürfen. Mexiko und El Salvador unterhielten zu dieser Zeit sehr enge Beziehungen, und Armas brachte es als Protegé des Politikers und Freimaurers Gregorio Arbizu zum Präsidentenberater und Ausrichter edler Bankette.

Fragen zu seiner Vergangenheit sei Armas immer ausgewichen und habe behauptet, er sei der einzige Überlebende eines Schiffsunglücks. Das Gerücht, es habe sich bei ihm um Maximilian gehandelt, machte damals schon die Runde, und so erfuhr auch Deneke von seiner Großmutter Consuelo erstmals von der mysteriösen Person, die mit seiner Urgroßmutter freundschaftliche Beziehungen pflegte. Erst kurz vor seinem Tod im Alter von 104 Jahren soll Armas den Erzählungen zufolge bei der letzten Beichte sein Geheimnis einem Priester anvertraut haben. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24./25. 3. 2001)