Jerusalem - Israels Ministerpräsident Ariel Sharon hat das internationale Komitee zur Untersuchung der Gewalt in den Palästinenser-Gebieten als historischen Fehler bezeichnet. Sharon sagte am Sonntag im israelischen Rundfunk, niemand habe das Recht, Israel vor aller Welt vor Gericht zu stellen. Er habe jedoch keine andere Wahl, als sich mit dem Komitee zu treffen, sagte er kurz vor einem Gespräch mit Vertretern des Gremiums. Im Westjordanland kam es am selben Tag wieder zu gewaltsamen Zwischenfällen. Ein israelischer Siedler wurde nach Armeeangaben von Palästinensern angeschossen und schwer verletzt. Bei Zusammenstößen von Palästinensern mit Soldaten sind offenbar sechs Palästinenser verletzt worden. Israelis und Palästinenser hatten sich im Oktober - vor dem Beginn von Sharons Amtszeit im Februar - auf die Bildung des fünfköpfigen Komitees geeinigt. Es untersucht die Ursache der seit September anhaltenden Gewaltwelle in den Palästinenser- Gebieten, bei der mindestens 428 Menschen getötet wurden. Das Komitee unter Leitung des ehemaligen US-Senators George Mitchell hatte sich in der vergangenen Woche mit Palästinenser- Präsident Jassir Arafat sowie dem israelischen Außenminister Schimon Peres getroffen. Dem israelischen Rundfunk zufolge soll der Abschlussbericht im April vorliegen. Die Unruhen als "strategische Entscheidung" Sharon sagte, er habe Mitchell in einem Telefongespräch klar gemacht, die Arbeit der Kommission sei falsch und ungerechtfertigt. Er werde eine Verbindung zwischen dem Aufstand und seinem Besuch am Tempelberg in Jerusalem im September zurückweisen. Die Unruhen waren kurz nach dem Besuch ausgebrochen; die Palästinenser hatten ihn als Provokation betrachtet. "Jeder weiß, dass sie (die Unruhen) eine strategische Entscheidung von Arafat sind", sagte Sharon hingegen. Nach dem Scheitern der Friedensgespräche im Juli in Camp David habe Arafat geglaubt, dass er mehr erreichen könne, wenn er eine "Welle des Terrorismus" freisetze. Die Palästinenser haben dagegen erklärt, der Aufstand sei eine Reaktion auf die anhaltende israelische Besetzung und Abriegelung ihrer Gebiete. Mitchell wies die Einwände Sharons zurück. Das Komitee wolle keine Schuldzuweisungen aussprechen, sagte Mitchell nach einem Gespräch mit dem israelischen Präsidenten Mosche Katsav. Weder Israelis noch die Palästinenser seien angeklagt. Das Gremium werde von beiden Seiten bestens unterstützt und werde schon bald seine Arbeit abgeschlossen haben, fügte er hinzu. Israel befürchtet Eskalation der Gewalt Tausende Palästinensern demonstrierten am Sonntag im Westjordanland. Bei Zusammenstößen in Nablus und Hebron schossen israelische Soldaten Augenzeugen zufolge mit Tränengas und Gummi ummantelten Metallgeschossen auf palästinensische Demonstranten, die Steine auf die Soldaten geworfen hätten. Dabei sind nach Angaben von Medizinern acht Palästinenser verletzt worden. Mehrere Palästinenser-Gruppen hatten zuvor zu friedlichen Demonstrationen aufgerufen. Es sollten keine Waffen mitgeführt und keine Steine geworfen werden. Zu den Schüssen auf den jüdischen Siedler nahe der Siedlung Jitshar im Westjordanland bekannten sich bislang unbekannte palästinensische Gruppen. Aus Kreisen der israelischen Regierung verlautete am Sonntag, Israel erwarte eine Eskalation der Gewalt vor dem Beginn der Sitzung der Arabischen Liga am Dienstag in Jordanien. Es wird erwartet, dass die Liga auf ihrem ersten regulären Gipfeltreffen seit dem Golfkrieg 1991 ihre Unterstützung für die Palästinenser bekunden werde. (Reuters)