Wien - Eine Wahlkampfdebatte nach geschlagenem Urnengang lieferten sich spätabends in der ORF-Fernseh-Sendung "Betrifft" die Parteisekretärinnen von SPÖ, FPÖ, ÖVP und Grünen. SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Doris Bures meinte, der Sieg der Sozialdemokraten in Wien sei auch eine Absage an die unsoziale Belastungspolitik der blau-schwarzen Koalition sowie eine persönliche Niederlage von Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider (F) und eine Absage an antisemitische Politik. Weder - noch - noch FPÖ-Generalsekretärin Theresia Zierler wies dies zurück und meinte, im Wahlkampf seien weder fremdenfeindliche noch rassistische noch antisemitische Bemerkungen gefallen. ÖVP-Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat wies die Behauptung der Grünen Bundesgeschäftsführerin Michael Sburny zurück, sich nicht ausreichend von den Haider vorgeworfenen antisemitischen Aussagen gegenüber Ariel Muzicant distanziert zu haben. Rauch-Kallat meinte dann, sie habe die Aussagen Haiders persönlich als Kritik an Muzicant empfunden, aber "nicht als antisemitisch". Sie sei aber sehr betroffen gewesen, was Haider mit den Aussagen ausgelöst habe und "das ist zu respektieren". Zierler wiederum hielt Bures vor, die "Antisemitismus-Keule" zu "verzapfen". Sie könne jedenfalls mit den Haider-Aussagen "wunderbar umgehen, weil das keine antisemitische Erklärung ist". Den "tiefsten Wahlkampf" Bures zeigte sich erfreut darüber, dass mit der FPÖ "jene, die den tiefsten Wahlkampf geführt haben, am Ende des Tages auch die tiefste Niederlage bekommen haben". Den Vorwurf von Bures, dass Schwarz-Blau die Rechnung für unsoziale Maßnahmen wie Ambulanzgebühren präsentiert bekommen habe, wiesen Rauch-Kallat und Zierler wiederum zurück und verwiesen auf die während der SPÖ-Regierungszeit angehäuften Schulden. Sburny sah in dem Wahlergebnis auch eine bundespolitische Dimension und sprach vom "Niedergang Haiders". Die ÖVP müsse sich überlegen, ob sie angesichts der Antisemitismus-Aussagen den Weg mit der FPÖ weiter gehe. Sie kritisierte auch Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V), der mit seinem Schweigen und seiner Gelassenheit der Wiener ÖVP einen Kanzler-Malus gegeben habe. Ohne Zugpferd Haider? Zierler betonte, Haider habe seine Rolle als Zugpferd für die FPÖ überhaupt nicht verloren. Er habe nichts von seiner Ausstrahlung eingebüßt. "Wir wissen auch nicht, wie das Wahlergebnis gewesen wäre, hätte sich Haider in Wien nicht eingesetzt." Rauch-Kallat sagte, es sei jetzt notwendig, nach vorne zu blicken. Die Arbeit der Koalitionsregierung werde "ganz genau so weitergehen wie bisher". Bures meinte, die Wähler hätten in Wien dem Chaos der Bundesregierung einen Denkzettel verpasst. Das Wiener Modell habe gezeigt, dass Sparen auch möglich sei, aber in sozial gerechter Form. Dem stünden ÖVP und FPÖ mit ihrer Ellenbogen-Gesellschaft gegenüber, wo sich der Stärkere durchsetze und der Schwächere auf der Strecke bleibe. Sburny sagte, man werde sehen, ob es durch die "Machtverliebtheit" der SPÖ wieder zu einer Stagnation kommen werde. (APA)