Ökologie
Gesunkene Bohrinsel: Angeblich Beweismaterial vernichtet
Untersuchungsausschuss beginnt am Dienstag
Brasilien - Nach dem Untergang der weltgrößten Ölbohrinsel vor der brasilianischen Küste wurde die Suche nach den Verantwortlichen und den
Ursachen verstärkt. Am Dienstag sollen der Präsident der staatlichen Ölgesellschaft Petrobras Philippe Reichstul und Chefingenieur Carlos Bellot jeweils einem
Untersuchungsausschuss des Parlaments und der Bundespolizei erstmals Rede und Antwort stehen, berichteten Medien am Sonntag.
Die Ölplattform P-36 war nach mehreren Explosionen am 15. März fünf Tage später 125 Kilometer vor der Küste Brasiliens gesunken. Elf Menschen starben. Das
größte Interesse gilt Ingenieur Bellot, der nach dem Unfall einen Bericht aus dem Petrobras-Intranet verschwinden ließ, in dem Techniker vor zunehmenden
technischen Problemen und Sicherheitsmängeln auf der P-36 gewarnt und sogar eine Produktionspause gefordert hatten.
Bellot habe Beweismaterial vernichtet, klagte ein Sprecher der Erdölarbeiter-Gewerkschaft PNF. Die Petrobras-Führung entgegnete, Bellot habe zum Schutz der
Ermittlungen so gehandelt. Der Ingenieur selbst schweigt. Einigkeit besteht nur darin, dass eine Spurensuche am Unfallort unmöglich ist. Die Plattform liegt jetzt etwa
1.360 Meter tief auf dem Meeresboden. "Mit dem Untergang der P-36 sind auch viele Beweise auf Nimmerwiedersehen verschwunden", sagte der zuständige
Bundespolizei-Kommissar Antonio Carvalho.
Greenpeace warnt
Die Förderinsel hatte 1,2 Millionen Liter Diesel und 300.000 Liter Rohöl in ihren Tanks. Das meiste davon sei entweder abgesaugt oder chemisch gebunden
worden, teilten Petrobras und das Umweltministerium mit. Nur ein kleinerer Ölteppich treibe noch aufs Meer hinaus.
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace warnte vor einer ähnlichen Katastrophe in der Nordsee. "Den absolut sicheren Plattformbetrieb gibt es nicht. Auch in der
Nordsee könnte sich ein großer Plattform-Unfall ereignen", sagte der Bohrinsel-Experte der Organisation, Christian Bussau, der "Welt am Sonntag". Potenzielle
Zeitbomben seien vor allem die Bohrschiffe westlich der Shetland Inseln. Weil in der britischen Nordsee die Erdölvorräte abnähmen, drängten die Förderkonzerne
auch in der Nordsee in immer tiefere und rauere Gewässer, wo nur noch schwimmende Bohrinseln oder -schiffe einsetzbar sind, "mit ähnlichen Risiken wie bei der
P-36". (APA/dpa)