Wien - Die Entscheidung um die Neustrukturierung des deutschen Elektronikkonzerns verzögert sich weiter. Wie das Unternehmens am Dienstag mitteilte, sei für diesen Donnerstag eine neuerliche Aufsichtsratssitzung anberaumt worden. Im Laufe des Dienstags träfen außerdem Vertreter von Arbeitnehmern und Arbeitgebern in einem Wirtschaftsauschuss zusammen. Die Aufsichtsratssitzung am Montag sei ohne Ergebnis zu Ende gegangen. Ein "abschließender Konsens" werde nun für die nächste Woche erwartet. Veto des Betriebsrats Wegen der Pläne für eine Neuausrichtung steht der Nürnberger Elektronikkonzern Grundig vor einer Zerreißprobe. Die Hausbanken fordern für die Finanzierung der geplanten Restrukturierung die Zustimmung aller Beteiligten. Der Betriebsratsvorsitzende Dieter Appelt kündigte allerdings bereits das Veto der Mitarbeiter an. "So wie es im Moment aussieht, können wir nicht zustimmen", sagte Appelt und drohte mit Streik. Grundig-Sprecherin Bettina Schmidt zufolge sind in den kommenden Tagen mehrere Gespräche zu den Sanierungsplänen angesetzt, unter anderem Ende der Woche in der Bayerischen Staatskanzlei in München. Wie Schmidt sagte, führe Aufsichtsratschef Anton Kathrein auch mit anderen Banken Gespräche zur Finanzierung seiner Pläne. Verlagerung nach Wien Zur Diskussion stehen die Aufgabe des Grundig-Werks in Bayreuth und die Verlagerung der gesamten Fernsehgeräte-Produktion vom Stammwerk Nürnberg-Langwasser nach Wien. Laut einer im Aufsichtsrat diskutierten Studie des Beratungsunternehmens Roland Berger kann "das Ziel der Zukunftssicherung nur durch Konzentration der TV-Produktion auf einen Standort und die Ausgliederung oder Partnersuche für die Produktion in Bayreuth sowie durch den Abbau von Arbeitsplätzen" erreicht werden. Offenbar überlegt das Unternehmen auch den Verkauf zumindest einzelner Teilbereiche: "Das Unternehmen würde künftig europäisch mit klarer regionaler Priorität agieren. Es wäre dabei offen für Allianzen in einzelnen Geschäftsbereichen und würde seine Strukturen daher auch unter dem Aspekt der Attraktivität für Dritte weiter entwickeln," hieß es weiter in der Aussendung. "Interne Defizite und schwieriges Umfeld" Die Roland Berger-Studie sieht die aktuelle Position von Grundig "sowohl durch interne Defizite, als auch durch das schwierige Umfeld begründet". Die derzeitige "Positionierung als Vollsortimenter bei gleichzeitig relativ geringer Größe" bringe darüber hinaus "strategische Probleme". Der Berater rät daher zur Konzentration auf die Bereiche Fernsehen, Video und DVD, Satellitentechnik, HiFi, Audio und Car Audio. Partnerschaften seien im Bereich Hard Disk Recorder (HDR) und Telekommunikation denkbar. Die Geschäftsbereiche Bürokommunikation, Hotelkommunikation, Messtechnik sowie der Internetdienst "Events today" sollten hingegen nur aufrechterhalten werden, "wenn der dafür definierte Renditeanspruch erfüllt würde". Gesteuert sollten die Produktionsbereiche durch eine "schlanke" Organisation mit Sitz in Nürnberg werden. Hier wären auch Marketing, Entwicklung und Vertrieb angesiedelt. Der Standort Langwasser würde zum Technologie- und Kompetenzzentrum entwickelt. Auch die Grundig Digital Systems im kalifornischen Silicon Valley blieben erhalten. "Nicht insolvenzgefährdet" Trotz der derzeitigen Krise sei Grundig "in unmittelbarer Nähe" nicht insolvenzgefährdet. Das Unternehmen sei schuldenfrei und weise eine Eigenkapitalquote von 23 Prozent auf. An einen Verkauf der Kernsparten denke der Konzern daher zur Zeit nicht. Zusätzliche Finanzmittel seien jedoch für die Restrukturierung dringend erforderlich, sagte Grundig-Sprecherin Bettina Schmidt am Dienstag. Die Umsetzung dieser Maßnahmen würde das Grundig-Ergebnis heuer deutlich belasten. Bereits für 2002 erwartet die Studie aber bereits den Turn-around mit operativem Gewinn und einem Umsatz von rund 2,7 Mrd. DM (1,380 Mrd. Euro/19,0 Mrd. S). Mittelfristig würde laut Plan eine Rendite von 3,6 Prozent bei einem Umsatz von 2,8 Mrd. DM angestrebt. (APA/Reuters)