Wien - Die Schriftstellerin Erika Mitterer gilt als Österreichs letzte noch lebende Repräsentantin der großen Dichtergeneration des 20. Jahrhunderts. Mit den von christlicher Moralität getragenen Werten Liebe, Glaube und Hoffnung sucht Mitterer, die sich dem "inneren Widerstand" gegen die NS-Herrschaft zurechnet, Antwort auf die als nihilistisch erlebte Nachkriegsgesellschaft. Kommenden Freitag (30. März) feiert die "Unbestechliche", die sich weder von literarischen noch politischen Strömungen je vereinnahmen ließ, ihren 95. Geburtstag. Mitterer, am 30. März 1906 in Wien-Hietzing geboren, war noch keine 20, als sie einen - 1950 veröffentlichten - Briefwechsel in Gedichten mit Rainer Maria Rilke begann. Spürbar ist sein Einfluss in ihrem ersten Gedichtband "Dank des Lebens" von 1930, der mit dem Julius-Reich-Preis der Universität Wien ausgezeichnet wurde. Bald machte Mitterer auch mit bedeutenden Prosawerken auf sich aufmerksam. Der während der Inquisition spielende und sogar in der Nazizeit verlegte Roman "Der Fürst der Welt" von 1940, eine Auseinandersetzung mit der Theologie von Thomas von Aquin und zugleich Parabel auf den Nationalsozialismus, gilt als Paradebeispiel für die Literatur der "Inneren Emigration". Fast 40 Jahre später ließ die Autorin mit einem großen zeitgeschichtlichen Werk noch einmal aufhorchen. "Alle unsere Spiele" (1977, eine Neuauflage erscheint im September) versucht die Kriegsjahre und das Mitläufertum aus der Psycholgie des Menschen und ihren damaligen Lebensbedingungen zu erklären. Religiöses und gesellschaftliches Engagement Mitterer wird zur restaurativ-konservativen Richtung der neueren österreichischen Literatur gerechnet. Im Mittelpunkt ihres Schaffens stehen oft Frauengestalten, die sich durch Naturerfahrung oder Liebesleid wandeln. Die Dichterin, die 1965 von der evangelischen zur katholischen Kirche konvertierte, setzte sich auch vehement für religiöse und gesellschaftspolitische Anliegen ein. So verbrachte sie während des Zweiten Vatikanischen Konzils einige Zeit in Rom, wo sie für das Gelingen des Konzils mit mehreren Frauen fastete und trat 1984 aus Protest gegen Achternbuschs Jesus-Film "Das Gespenst" aus dem PEN-Club aus. Neben zahlreichen anderen Preisen erhielt Erika Mitterer aber 1996 auch das Große Goldene Ehrenzeichen mit dem Stern für Verdienste um die Republik Österreich, eine der höchsten Auszeichnungen der Republik. Diese Auszeichnung erhielt sie für die "Breite ihres Oeuvres und dessen inhaltliche Stimmigkeit sowie der Brückenfunktion ihrer Literatur von Rilke bis zur Gegenwart. (APA)