Lester C. Thurow
Die Reichtums-Pyramide
Leben im 21. Jahrhundert

öS 569,-(EURO 41,35)/303 Seiten.

Metropolitan-Verlag, Düsseldorf 1999


Der Titel dieses Buches dürfte zunächst manchen Leser täuschen. Lester C. Thurow geht es zwar um die Beschreibung eines pyramidenförmigen Gesellschaftssystems, in dem der extreme Reichtum der Spitze auf der breiten schlechtverdienenden Masse basiert. Der US-Wirtschaftsexperte ist aber weit davon entfernt, dies zu kritisieren, wie es mancher Europäer täte. Er betrachtet es vielmehr als das einzig mögliche Sozialmodell im globalen Zeitalter: Einige wenige hoch Qualifizierte verdienen viel, der Rest - wenn überhaupt - den Mindestlohn.

Der Autor macht sich hauptsächlich Sorgen um die dynamische Entwicklung des Kapitalismus. Wie kann man wissensbasierten Wohlstand schaffen? Um aus den neuen Technologien - Mikroelektronik, Gentechnik, Telekommunikation etc. - echten Nutzen ziehen zu können, empfiehlt er vor allem Europa eine Radikalkur. Sein Rezept: generelle Lohnkürzung, Streichung von Sozialleistungen und Kündigungsfristen, Auslagerung unqualifizierter Arbeit in Billiglohnländer, erhöhte Investitionen in Forschung und Entwicklung, Ausrichtung des Bildungssystems auf Wirtschaftlichkeit. Von den Unternehmern fordert er mehr Risikobereitschaft: "Gefahren zu trotzen, ist in der dritten Industriellen Revolution der Schlüssel zum Erfolg." Wer nicht zur Zerstörung lieb gewonnener Strukturen bereit sei, werde als Verlierer übrig bleiben.

Auch wenn für manche Thurows Modell ein Horrorszenario sein mag: Tatsache ist, dass "Flexibilisierung", "lebenslanges Lernen" und "Entbürokratisierung" längst auf dem Vormarsch sind. Für den Autor die Bestätigung seiner Thesen: "Westeuropa muss sich den Realitäten einer globalen Ökonomie anpassen und endlich in das aktuelle Spiel einsteigen. Zu hoffen, dass sich das Spiel ändert, ist reine Zeitverschwendung." Peter Stuiber