Telekom
"Windows" für Handys
Microsoft präsentiert mobile Visionen und sein Handy-Betriebssystem "Stinger"
Lange tat sich der weltgrößte Software- Hersteller Microsoft
schwer, im neuen Markt der
Handys und Taschen- PCs Fuß zu fassen. Doch wenn es nach den Ankündigungen auf der
CeBIT
in
Hannover geht, könnte es dem Riesen aus Redmond mit einer Reihe von
Kooperationen doch gelingen, den lukrativen Markt des mobilen Internet für sich zu erschließen. Ende des
Jahres sollen die ersten Smartphones mit dem Betriebssystem "Stinger" auf den Markt kommen, kündigte
Microsoft auf der weltgrößten Computerschau an.
Im Boot: Siemens
Mit dem auf Breitbandfunknetze ausgelegten Betriebssystem will Microsoft vor allem Hersteller von Handys
und Smartphones überzeugen. Bei Siemens ist ihm dies gelungen. Der Konzern hatte zwar erst im
Februar eine Lizenzvereinbarung mit dem Taschen- PC-Hersteller Psion zur Weiterentwicklung des
Betriebssystems Epoc getroffen und unterstützt damit Microsofts Hauptkonkurrenten im mobilen Internet, das
Konsortium Symbian. Nun will Siemens künftig aber auch Lösungen wie Smartphones und Taschen-PCs auf
der Basis der Stinger-Software entwickeln, hieß es auf der CeBIT.
Keine Umschulung notwenig
So soll das in Hannover vorstellte "MultiMobil" das mobile Microsoft-Betriebssystem nutzen. Das Gerät soll
als Organizer, Internet-Zugangsgerät und integriertes Telefon ein Alleskönner sein und im Herbst auf den Markt
kommen. "Die Attraktivität der Stinger- Software besteht vor allem darin, dass der Benutzer nicht umlernen
muss", erklärte Georges Boulloy, Siemens-Chef für Produktentwicklung die Entscheidung des Unternehmens. Die Software gewährleiste
auf allen mobilen Geräten die gleiche Benutzeroberfläche wie beim PC.
"Noch vor
einem Jahr waren wir am Boden"
Auch auf der Basis von Kooperationen mit Netzbetreibern will der PC-Spezialist den Erfolg seiner Net-Strategie forcieren. Gemeinsam mit
der deutschen Telekom-Tochter T-Mobil will Microsoft künftig auf einem Internet-Portal personalisierte Service-Angebote bieten, die über
die neuen Funkübertragungsstandards GPRS und UMTS von Handys, Smartphones und Taschen-PCs abrufbar sein sollen. "Noch vor
einem Jahr waren wir am Boden", resümierte Juha Christensen, Vize-Chef der Microsoft-Gruppe für mobile Anwendungen. Heute habe
das Unternehmen zusammen mit dem Partner Compaq dem unumstrittenen Marktführer bei Taschen-PCs, Palm, bereits 31 Prozent
Marktanteil abgerungen.
Ohne Chancen
Bislang hatte der Softwaregigant auf dem mobilen Sektor nur bescheidenen Erfolg für sich verbuchen können. Sein Betriebssystem
Windows CE für Laptops und kleine Geräte hatte es schwer, sich gegen die Konkurrenz durchzusetzen. Im Markt der Smartphones war
es Microsoft bisher nicht gelungen, große Handyhersteller wie Nokia und Ericsson von seinem Betriebssystem Stinger zu überzeugen.
Ein Hundertfaches an Übertragungskapazität und Schnelligkeit
Bislang galt das Konsortium Symbian als Gewinner im Markt. Als Joint Venture von Nokia, Ericsson, Motorola und Matsushita sowie dem
Taschen-PC-Hersteller Psion gegründet, entwickelt und lizenziert Symbian Software-Plattformen für die nächste Generation von
Mobiltelefonen, die dank GPRS und UMTS künftig ein Hundertfaches an Übertragungskapazität und Schnelligkeit beim Datenaustausch
ermöglichen sollen. So sollen Nokias 9210 Communicator sowie künftige Geräte von Ericsson die Symbian-Software-Plattform nutzen.
Doch auf der CeBIT hielt sich das Konsortium mit Verlautbarungen überraschend zurück. Zusammen mit dem weltgrößten Technologie-
Unternehmen IBM kündigte es eine Partnerschaft für die Entwicklung von sicheren mobilen E-Business-Lösungen an. Auch Cytrix, ein
Spezialist für Mietsoftware, will gemeinsam mit Symbian künftig Lösungen vor allem für Geschäftskunden entwickeln.
Offensiv
Nun geht Microsoft mit Partnerschaften der zweiten Liga in die Offensive. Im Herbst soll ein Smartphone mit Stinger-Software des
britischen Handy-Herstellers Sendo auf den Markt kommen. Das Gerät werde über alle Stinger-Funktionen wie E-Mail, Terminplaner und
den Microsoft Internet-Browser Explorer verfügen, sagte Ian Ferrell, Programm-Manager der Microsoft-Gruppe für mobile Anwendungen.
Auch Samsung und Mitsubishi haben unterdessen intelligente Smartphones mit Stinger-Software angekündigt.
Wachsen
Die Branche verspricht sich von den neuen mobilen Internet- Zugängen einen riesigen Wachstumsmarkt. Dabei wächst die Zahl der
Handynutzer nach Angaben des Branchenverbands BITKOM mit 106 Prozent nirgendwo schneller als in Deutschland. Mit 48 Millionen
Handynutzern belegen die Bundesbürger international Platz drei - eine riesige Chance für neue mobile Geschäftsmodelle. "Internet und
Mobilfunk wachsen zusammen", sagt Erwin Staudt, Chef der IBM Deutschland. Das Unternehmen erwarte eine Vertausendfachung der abgerufenen Datenmenge in den nächsten Jahren.(APA/dpa)