Belgrad/Podgorica - Knapp einen Monat vor der Parlamentswahl in Montenegro vertiefen sich die Fronten. Der entscheidende Kampf um die Wählerstimmen wird zwischen zwei Parteienbündnissen geführt. Der Ausgang des Urnengangs am 22. April wird darüber entscheiden, ob die kleinere jugoslawische Teilrepublik den Weg in die Selbstständigkeit geht oder in der jugoslawischen Föderation bleibt. Die regierende Demokratische Partei der Sozialisten (DPS) von Präsident Milo Djukanovic hat sich zu einer neuen Koalition mit der Sozialdemokratischen Partei unter dem Namen ''Sieg Montenegros - Demokratisches Bündnis von Milo Djukanovic'' entschlossen. Ein Koalitionsangebot an die Liberale Partei, die seit Jahren für die staatliche Unabhängigkeit Montenegros eintritt, vermieden die Sozialisten. Bei so manchem DPS-Anhänger stehen die Liberalen seit Jahren in einem schlechten Ruf. Der frühere Bündnispartner der Sozialisten, die Volkspartei, hat sich dagegen zu einem gemeinsamen Wahlauftritt mit der Belgrad-treuen Sozialistischen Volkspartei (SNP) entschlossen. Dem Bündnis unter dem Namen ''Gemeinsam für Jugoslawien'' hatte sich am Wochenende auch die kleine Serbische Volkspartei (SNS) angeschlossen. "Dramatischer Verhandlungskrieg" Die montenegrinische Tageszeitung ''Vijesti'' berichtete am Montag, dass dem Beitritt der SNS zu dem Bündnis ein "dramatischer Verhandlungskrieg" vorausgegangen sei. SNS-Chef Borivoj Bojovic habe sich erst nach einem langen Gespräch mit dem jugoslawischen Präsidenten Vojislav Kostunica dazu entschlossen. An dem Gespräch sollen auch der Metropolit von Montenegro, Amfilohije Radovic, und der serbisch-orthodoxe Patriarch Pavle teilgenommen haben. Belgrader Meinungsforscher prophezeien einen Wahlsieg der Regierungskoalition. Dies dürfte auch den Weg zu einem Unabhängigkeitsreferendum frei machen. In der montenegrinischen Regierungskoalition heißt es, die Idee eines unabhängigen Montenegro werde inzwischen von 65 Prozent der Bevölkerung unterstützt. "Soll der Bundesstaat aufrechterhalten bleiben, so wird es notwendig sein, ... die Verfassung zu ändern", erklärte der jugoslawische Präsident Vojislav Kostunica am Sonntag. Auch wenn er auf die Aufrechterhaltung Jugoslawiens hofft, hat Kostunica vorgezogene Parlamentswahlen in Serbien nicht ausgeschlossen, sollte es zum Zerfall des Bundesstaates kommen. 80 Prozent mit Beziehungen zu Jugoslawien unzufrieden Die Mehrheit der Montenegriner befürwortet die Unabhängigkeit ihrer kleinen Adriarepublik vom Bundesstaat Jugoslawien. Rund 55,6 der 1.697 Befragten wollen keinen gemeinsamen Staat mit Serbien, ergab eine am Dienstag in Podgorica veröffentlichte Umfrage. Montenegro war bereits von 1878 bis 1918 ein souveräner Staat. 80 Prozent der Befragten äußerten sich mit den jetzigen Beziehungen zwischen ihrer Republik und Serbien unzufrieden. Sie würden an einem angekündigten Referendum über die Unabhängigkeit teilnehmen, erklärten sie laut Nachrichtenagentur Beta. Für den 22. April sind vorgezogene Parlamentswahlen angesetzt. Sollte die Koalition des zur Unabhängigkeit strebenden Präsidenten Milo Djukanovic siegen, will sie unmittelbar danach den Volksentscheid abhalten. Djukanovic ist mit 42,2 Prozent der vertrauenswürdigste Politiker in Montenegro. (APA/dpa)