Wien - Am kommenden Donnerstag vor genau zehn Jahren fand ein unrühmliches Kapitel des Wiener Spitalwesens im Wiener Landesgericht sein strafrechtliches Ende: Nach 17 Verhandlungstagen wurde unter regem Publikums- und Medieninteresse der Prozess gegen die so genannten Lainz-Schwestern in erster Instanz abgeschlossen. Nach einer Beratungszeit von fast 20 Stunden wurde die Hauptangeklagte, die damals 32-jährige Waltraud Wagner, wegen 15-fach vollendeten und 17-fach versuchten Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Die um drei Jahre jüngere Irene Leidolf erhielt wegen fünffachen Mordes und zweier Versuche ebenfalls die Höchststrafe. Zwei weitere Schwestern bekamen 20 bzw. 15 Jahre Haft. Eine der Verurteilten sackte bei der Urteilsverkündung zusammen und musste auf einer Tragbahre zu einem alarmierten Notarzt-Wagen gebracht werden. Die Urteile wurden später vom Obersten Gerichtshof (OGH) im Wesentlichen bestätigt. "Patientinnen beseitigen" Die Pächterin des Buffets im Landesgericht, Elisabeth Nadler, erinnert sich noch gut an jene Stunden: Immerhin versorgte sie die Berufsrichter und die wartenden Medienvertreter bis 3.00 Uhr in der Früh mit Speis und Trank, bis sich die Geschworenen durch den Fragenkatalog mit nicht weniger als 250 Fragen gearbeitet hatten. "So lang habe ich nachher nie mehr offen gehabt", meinte die Buffet-Betreiberin im Gespräch mit der APA. Der Staatsanwalt hatte den vier Hilfsschwestern insgesamt 41 Tötungen zur Last gelegt. Schauplatz des Geschehens war die im Pavillon V untergebrachte 1. Medizinische Abteilung im Krankenhaus Lainz gewesen. Überbelegung, beruflicher Stress und Personalnot dürfte die Pflegerinnen dazu bewogen haben, sterbenskranke und "lästige" Patientinnen zu "beseitigen", wie es in der Anklage hieß. "Tatwaffen" waren die Pharmaka Dominal forte, Valium und Rohypnol sowie die berüchtigte "Mundpflege": Dabei wurde den Patienten mit einem Spatel die Zunge nieder gedrückt und Wasser eingeflößt, bis sie qualvoll erstickten. Vergebliches Hoffen Eine der Schwestern, die lediglich als Mittäterin gegolten hat, befindet sich seit einiger Zeit wieder auf freiem Fuß. Sie wurde vorzeitig entlassen. Jene, die 20 Jahre ausgefasst hatte, hoffte hingegen vergeblich, nach Verbüßung der Strafhälfte vorzeitig nach Hause gehen zu dürfen. Dabei hatte die Justizanstalt Schwarzau, wo die mittlerweile 62-Jährige, schwer kranke Frau ihre Strafe absitzt, ihren dahingehenden Antrag sogar unterstützt. Das Gericht lehnte ab. "Wahrscheinlich will man, dass sie es bis zum letzten Tag absitzt", bemerkte ihr ehemaliger Verteidiger Herbert Eichenseder. Die Haupttäterinnen Waltraud Wagner und Irene Leidolf dürften somit schlechte Karten haben, in absehbarer Zeit das Gefängnis verlassen zu können. Die "Lebenslangen" können theoretisch frühestens 2004 ihre vorzeitige Entlassung beantragen - sie hätten dann jeweils 15 Jahre verbüßt. Vor zehn Jahren wurden die "Lainz"-Schwestern verurteilt. (APA)