Wien - Es kommt immer darauf an, wie man die Dinge sieht, spürt und wahrnimmt - Architektur zum Beispiel oder den Wind. Die Architektur wird oft allzu flach in hübschen Bildern und wiedererkennbaren Sujets abgehandelt, und bei einer solchen Form der Vermittlung geht dieser Disziplin der Räume und der darinnen befindlichen Lüfte, Dynamiken und Lichtspiele die eigentliche Dimension verloren. In Wien unternimmt in den nächsten Monaten ein Kunstprojekt, gesponsert von der Zürich Kosmos Versicherung, den Versuch, die vielen Dimensionen der Architektur und vor allem des Architekturentwurfs zu vermitteln: Wie kommen Architekten auf ihre scheinbar verrückten Ideen? Wie finden sie komplizierteste Formen und Räume, vor allem, wenn es sich um Leute wie die Hochschüler an der Universität für angewandte Kunst in der Entwurfsklasse von Coop-Himmelb(l)au-Co Wolf D. Prix handelt? In logischen, nichtsdestotrotz fantasie-, technologie-und raumbegabten Experimenten, wie ab heute Abend auf der sechs mal vier Meter großen Projektionswand auf dem Dach des Zürich-Kosmos-Gebäudes in der Lassallestraße mittels modernster Video- und Lasertechnologie zu sehen sein wird. Kuratorin der Laser-Art-Serie, die bereits den Regisseur Robert Wilson und die Künstlerin Sarah Morris für Wien engagiert hatte, ist die in New York lebende Österreicherin Barbara Steffen. Die Prix-Studenten sind also die dritte Partie, die den Laser im Stadtraum bespielen darf. Sie bekamen zu Beginn des hier präsentierten Semesterentwerfens eine Textstelle aus Herman Melvilles Moby Dick mit auf den Weg, in der Kapitän Ahab die Körperlosigkeit des Windes und damit seine, Ahabs, Ohnmacht gegen die Naturgewalt geißelt. Steffen: "Durch die Figuration des Textes an den Flächen eines Raumkörpers und die anschließende Transformation eines Kristallisationspunktes innerhalb dieses Körpers nimmt die Arbeit Beautiful Bodies den Gedanken von der Verkörperung des Windes auf, übersetzt diesen gleichsam aus dem Raum des Poetischen in den des experimentellen Designs von Realität." Das klingt reichlich kompliziert, löst sich aber für all jene logisch auf, die sich die Zeit nehmen und den Entwurfsabläufen - alles da, von computergemorphten Gebilden und bewegten Räumen bis zu Stabmodellen und dynamischen Systemen - auf dem Riesenscreen aufmerksam folgen. Am besten tut man das in der Nähe des "Soundturms", der einen Radius von zehn Metern mit den entsprechenden Sounds zu den bewegten Bildern beschallt. Wem es jetzt noch zu kalt ist, der verfüge sich in den ebenfalls von den Studenten modifizierten Container namens "Loop", der auf dem Fritz-Grünbaum-Platz im sechsten Bezirk vor dem Apollo-Kino steht und in dem sowohl Video als auch Ton im kleineren Format und im geschützten Raum laufen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28. 3. 2001)