Wien - Die FPÖ will die Geschwindigkeit in der Regierung zumindest etwas drosseln. Tempo sei "nicht unbedingt die oberste Maxime", erklärte Parteichefin und Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer bei einer Pressekonferenz nach dem FP-Vorstand kurz nach Mitternacht. Gleichzeitig betonte sie, nach der internen Besprechung zur Wahlschlappe in Wien, eine Parteireform sei unabdingbar. Personelle Veränderungen nicht ausgeschlossen. Die Gerüchte um einen Rücktritt von Jörg Haider als Kärnter Landeshauptmann wies die Vizekanzlerin als "freie Erfindung" entschieden zurück. Beschlossen wurde im Vorstand eine Resolution, die die künftige Regierungspolitik der Freiheitlichen prägen soll. Als Zeile wurde dabei definiert, insbesondere den sozial Schwächeren und unteren Einkommensbeziehern "Stütze und Hilfe zu sein". Dabei solle die Einkommenssituation der österreichischen Bevölkerung verbessert werden. In diesem Zusammenhang betonte Riess-Passer, dass es schon als Teil des Budgets 2003 eine deutliche Tarifsenkung und zugleich eine drastische Vereinfachung des Steuersystems geben werde: "die Österreicher sollen in der Geldbörse kräftig etwas spüren". Zur Regierungsarbeit im Allgemeinen unterstrich die Vizekanzlerin, dass es an beiden Parteien sei, die Zusammenarbeit zu optimieren. Die Bürger hätten ein Recht auf eine "Regierung, die arbeitet und nicht streitet". Zwar sei eine rasche Budgetsanierung notwendig, nur dürfe man sich nicht dem Zwang aussetzen, jede Woche eine neue Reform zu präsentieren, wie dies bisher der Fall gewesen sei. Wichtiger sei eine gute Vorbereitung von gesetzlichen Neuregelungen. Parteiinterne Veränderungen geplant Neben der geplanten Neuausrichtung auf Regierungsebene will Riess-Passer auch parteiintern Änderungen vornehmen. Dazu wird eine Arbeitsgruppe unter ihrem Vorsitz eingerichtet, die in den kommenden Wochen eine Parteireform ausarbeiten soll. Verbesserungsbedarf gebe es sowohl organisatorisch als auch in der Darstellung nach außen, meinte die Obfrau. Jetzt schon über mögliche Personalveränderungen zu sprechen lehnte Riess-Passer zwar ab, meinte jedoch, diese könnten "vielleicht notwendig werden". Dass sich an der Rolle Haiders in der Partei etwas ändern werde, dementierte die Vizekanzlerin: "diesen Gefallen werden wir unseren politischen Gegnern nicht tun". Die zuletzt aufgetauchten Rücktrittsgerüchte um Haider wies Riess-Passer scharf zurück. Der Landeshauptmann sei seit Samstag "nicht unbeträchtlich krank". Dass diese Krankheit nun zu politischen Spekulationen missbraucht werde, empöre sie persönlich. Keine Entscheidung über Partik-Pable Keine Entscheidung ist vorerst darüber gefallen, ob Helene Partik-Pable als Abgeordnete im Nationalrat bleibt oder doch in den Gemeinderat einzieht. Diese Entscheidung bleibe der Wiener Landesgruppe und insbesondere Partik-Pable selbst überlassen, sagte Riess-Passer. Klubobmann Peter Westenthaler wiederholte, dass ihm ein Verbleib der freiheitlichen Sicherheitssprecherin im Parlament lieb wäre. Gefragt, ob er etwas dazu tun könne, die Entscheidung Partik-Pables zu beeinflussen, meinte der Klubobmann. Er hoffe, es reiche sein Wunsch. FPÖ-Absage an "speed kills": Mit ÖVP im Vorfeld besprochen Die FPÖ-Absage an das Motto "speed kills" bei Reformen ist nach Angaben von ÖVP-Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat im Vorfeld der Sitzung des Freiheitlichen Bundesvorstands zwischen den Koalitionsspitzen besprochen worden. ÖVP-Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat erklärte am Mittwoch im Gespräch mit der APA, die Absicht der FPÖ, die Geschwindigkeit in der Regierung zumindest zu drosseln, sei "das, was Bundeskanzler Wolfgang Schüssel mit Riess-Passer im Vorfeld, bzw. in der Nacharbeit zur Wien-Wahl besprochen haben". Jedenfalls sei das bisherige Reformtempo "kein Fehler gewesen". Rauch-Kallat zeigte sich davon überzeugt, dass es nicht nur keine Probleme für die Koalition geben werde, sondern dass die FPÖ-Beschlüsse beim gestrigen Bundesparteivorstand sogar "äußerst positive Auswirkungen" auf die Regierung haben werde. Die ÖVP-Generalsekretärin verteidigte auch das bisherige Reformtempo. "Das war einfach notwendig, weil rasch Reformen zur Budgetsanierung eingeleitet werden mussten, und zwar noch in dieser Legislaturperiode. Sonst wäre es nicht möglich gewesen, 2002 das Nulldefizit zu erreichen". Die FPÖ habe auch nach dem Bundesparteivorstand "sehr klar gesagt, dass sie sich auf eine konstruktive Kooperation innerhalb der Regierung festlegt. Ich empfinde das sehr positiv". Angesprochen darauf, ob sie in eine andere Funktion wechseln könnte, sagte Rauch-Kallat dezidiert: "Ich bleibe Generalsekretärin. Ich denke nicht an irgend eine Änderung". Van der Bellen: "Speed kills"-Absage sein eine "Unwahrheit Die FPÖ-Absage an "speed kills" bei Reformen ist für die Grünen eine "Unwahrheit". Bundessprecher Alexander Van der Bellen erklärte am Mittwoch, Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer (F) sei beim Thema Ambulanzgebühr schon wieder gegenüber ÖVP-Klubobmann Andreas Khol "umgefallen". Statt, wie die FPÖ ankündigte, das Tempo zu drosseln, habe die Koalition einen Antrag auf Beibehaltung der Ambulanzgebühr vorgelegt, der nun im Parlament "durchgepeitscht" werden solle. Und das, obwohl bisher das VfGH-Urteil - demnach wurde die Ambulanzgebühr aufgehoben - in schriftlicher Form noch gar nicht vorliege. Scharfe Kritik kam von Van der Bellen auch an der FP-Spitzenkandidatin für die Wien-Wahl, Helene Partik-Pable, die jetzt definitiv doch nicht in den Gemeinderat wechselt, sondern Abgeordnete im Parlament bleibt. Van der Bellen warf ihr "eine Art Wahlbetrug" vor. "Da wird von Partik-Pable versprochen, sich für die Wähler einzusetzen, und dann sagt man, na, das gefällt mir nach der Wahlniederlage nicht mehr. Das ist eine beleidigte Leberwurst-Attitüde". Jedenfalls bewahrheite sich seine schon im Jänner erfolgte Aussage, dass es sich bei Partik-Pable um eine "Spitzenkandidatin mit Ablaufdatum" handle. Nicht die erste Depression Zum bisherigen Schweigen des Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider (F) zur Wien-Wahl merkte Van der Bellen an, es sei "nicht das erste Mal, dass der ehemalige FPÖ-Chef in solche Depressionen verfällt. Natürlich kann ich das nachvollziehen. Aber es ist die schwerste Niederlage für Haider seit er 1986 die FPÖ übernommen hat. Jedenfalls zeigt sich, dass Haider für ein hohes öffentliches Amt in dieser Republik nicht geeignet ist. Das war schon im Mai letzten Jahres so, als er versuchte, das Strafrecht gegen oppositionelle Abgeordnete einzusetzen und natürlich durch seine Klagswelle, mit der eine Einschüchterung gegenüber Menschen betrieben hat, die nicht seiner Meinung sind. Und schließlich nicht zuletzt durch seine antisemitischen Ausfälle. Für so jemand ist kein Platz in den ersten Rängen, auch in den unteren Rängen nicht". Prinzhorn: Statt Reagieren muss die FPÖ künftig Agieren "Wir müssen aus dem Reagieren heraus und in das Agieren hinein kommen", erklärte der freiheitliche Wirtschaftssprecher und Zweite Nationalratspräsident Thomas Prinzhorn am Mittwoch. Dies bedeute vor allem, der Bevölkerung Veränderungen, die im Zug von Reformen gesetzt werden müssten, vor der Umsetzung genau zu erklären. Das schlechte Abschneiden seiner Partei bei der Wiener Gemeinderatswahl kommt für Prinzhorn nicht überraschend. Es sei klar gewesen, dass bei Eintritt in eine Regierung längst überfällige Reformen angegangen hätten werden müssen, "die schmerzhaft sein werden". Gelinge nun eine rasche Umsetzung, "werden wir bei der nächsten Nationalratswahl wieder punkten", zeigte sich Prinzhorn sicher. Nun eine Parteireform a priori über personelle Änderungen anzugehen, hält er daher nicht für sinnvoll. Im Bundesvorstand, sei gestern, Dienstag, die Einrichtung einer Arbeitsgruppe zum Thema Parteireform beschlossen werden. Diese werde von Bundesobfrau und Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer sowie Klubobmann Peter Westenthaler geleitet. Die weitere personelle Besetzung stehe noch nicht fest. Prinzhorn kann sich dabei aber auch die Einbeziehung externer Berater vorstellen. Die Strukturreform müsse jedenfalls bis Sommer stehen. Dann blieben noch zwei Jahre bis Ende der laufenden Legislaturperiode. Knackpunkt des Problems ist für Prinzhorn dabei der Wechsel der FPÖ von der Opposition in die Regierung. Bisher sei man "einen sehr spontanen, reaktiven Kurs" gewohnt gewesen. Und man habe in der Opposition gelernt, seine Stimme zu erheben. Nun müsse man lernen, zu agieren. Auf der anderen Seite müsse man sich aber auch als Regierungspartei neu organisieren. Weiter wolle er der Arbeit der Reformgruppe aber nicht vorgreifen. Denn solche Änderungen dürften nicht von oben herab verordnet, sondern müssten gemeinsam erarbeitet werden. Gänzlich will sich Prinzhorn personellen Veränderungen aber nicht verschließen. Die Dreiteilung des Generalsekretariats habe sich zwar bewährt. Feind des Guten sei aber immer das Bessere. Finde sich also eine bessere Struktur, werde man vielleicht auch personell umdenken. In keinster Weise rüttelte Prinzhorn dagegen an der Position von Riess-Passer. Wenn es eine starke Frau gebe, dann sei das die Bundesobfrau. "Riess-Passer ist die Stärkste von uns allen", streute der Zweite Nationalratspräsident der Vizekanzlerin Rosen. Lob gab es auch für den Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider. Wenn man Veranstaltungen besuche, bei denen er auftrete, sehe man, welchen Anklang er bei den Menschen finde. "So gesehen ist er nicht nur als Ideenbringer, aber als Wahlhelfer immer willkommen" - auch wenn "über Inhalte und Formen" immer diskutiert werden könne. Kärnten sei ein dynamisches Land, was auch damit zusammen hänge, dass die Freiheitlichen schon länger in der Regierung seien. "Es wäre der größte Wahnsinn, auf dieses Potenzial Kärnten zu verzichten", so Prinzhorn. (APA)