Wien - Die SPÖ hat am Mittwoch die jüngsten Entwicklungen in der Spitzelaffäre zum Anlass für eine Dringliche Anfrage an Justizminister Dieter Böhmdorfer (F) genommen. Im Mittelpunkt stehen die Aussagen von Untersuchungsrichter Stefan Erdei, er sei seitens der Staatsanwaltschaft nicht vollständig informiert worden. Bezug genommen wird auch auf das zweite Gutachten zu dem Brief von Horst Binder, dem Leibwächter Jörg Haiders. Aus Sicht der SPÖ ist mit diesem zweiten Gutachten nachgewiesen, "dass Binder im Auftrag von Haider illegale Datenabfragen im Polizeicomputer vorgenommen hat und die Ergebnisse diesem übermittelte". "Diese Vorgänge die Arbeit der Staatsanwaltschaft betreffen würden jeder Bananenrepublik zur Ehre gereichen", schließen sich die SP-Abgeordneten betreffend der Erdei-Aussagen der Beurteilung eines Magazins an. Die weisungsgebundene Staatsanwaltschaft unternehme scheinbar alles, um die Aufklärung des Spitzelskandals zu verhindern. Diese "widersprüchliche und dilettantische Vorgangsweise" der Staatsanwaltschaft müsse umgehend in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss aufgeklärt werden. Angesichts von Berichten über eine bevorstehende Versetzung Erdeis gebe es überhaupt "deutliche Anhaltspunkte dafür, dass die Aufklärung des FP-Spitzelskandals rund um Haider endgültig verhindert werden soll, was künftig überhaupt die Unabhängigkeit der Richterschaft schwer beeinträchtigen könnte". Zum Binder-Brief wird in der Begründung der Dringlichen darauf verwiesen, dass freiheitliche Politiker aus dem ersten Gutachten, das diesen Brief als Fälschung bezeichnet hatte, den Schluss gezogen hätten, dass der Brief Hauptbeweismittel gegen Haider gewesen sei und die Vorwürfe somit endgültig zusammengebrochen seien. Wenn dieser Brief nun aber doch echt sei, hätten sich die Vorwürfe des Datenmissbrauchs durch hochrangige FP-Politiker bestätigt. In den 37 Detailfragen wird vom Justizminister u.a. Aufklärung über Zahl und Inhalt von Aktenvermerken verlangt, in denen Untersuchungsrichter "über die Behinderung ihrer Arbeit durch die Staatsanwaltschaft" geklagt hätten. Von Böhmdorfer wird außerdem eine genaue Darstellung der Aktenläufe zwischen Staatsanwaltschaft Wien und Erdei verlangt. Schließlich wollen die SPÖ-Abgeordnete eine exakte Auskunft darüber, auf welcher Rechtsgrundlage die Verfahren gegen Haider und den niederösterreichischen FP-Landesrat Ewald Stadler eingestellt worden sind. ÖVP und FPÖ lehnen U-Ausschuss zu Spitzelaffäre-Ermittlungen ab Mit der Mehrheit der Regierungsfraktionen wurde Mittwoch Nacht im Nationalrat ein von der SPÖ beantragter Untersuchungsausschuss zu den "Spitzelaffäre"-Ermittlungen abgelehnt. Nur die Grünen unterstützten den SPÖ-Antrag mit. (APA)