International
Deutschland: Entschädigungsklage slowakischer Juden abgewiesen
Gericht: Verband kann nicht Ansprüche Einzelner geltend machen
Berlin - Das Berliner Landgericht hat am Mittwoch die Entschädigungsklage des Zentralverbandes der Juden in der Slowakei
zurückgewiesen. Die Organisation habe nicht das Recht, die Ansprüche einzelner von den Nationalsozialisten ermordeter Menschen geltend
zu machen, urteilten die Richter nach Angaben einer Gerichtssprecherin. Der Verband hatte von Deutschland wegen der Deportationen
slowakischer Juden während der NS-Zeit eine Entschädigung in Millionenhöhe verlangt.
Die Kläger machten geltend, der slowakische Staat habe während des Zweiten Weltkrieges für die Deportation von 58.000 Juden in
Konzentrations- und Vernichtungslager etwa 18 Millionen Reichsmark an Deutschland gezahlt. Jeder Deportierte habe selbst einen Betrag
von 500 Reichsmark aufbringen müssen.
In der mündlichen Verhandlung hatte zuvor auch der Vertreter der deutschen Regierung die Ansprüche des Zentralverbandes
zurückgewiesen. "Der Zentralverband der Juden ist nicht Rechtsnachfolger der individuellen ermordeten Menschen", betonte Rechtsanwalt
Andreas Brand. Notwendig sei eine völkerrechtliche Vereinbarung, die aber nicht vor Gericht ausgehandelt werden könne. Demgegenüber
verwies der Rechtsvertreter des Zentralverbandes, Rainer Arzinger, darauf, dass der Zentralverband von der slowakischen Regierung
durchaus als Rechtsnachfolger der ermordeten Juden anerkannt worden sei. Bisher seien alle Versuche gescheitert, eine Vereinbarung mit der
Bundesrepublik zu erzielen. "Völkerrechtliche Regelungen sind nicht in Sicht", sagte der Anwalt.
Die Slowakei war während der NS-Zeit ein von Deutschland abhängiger Satellitenstaat. Die 18 Millionen Reichsmark für die Deportationen
stammten aus dem konfiszierten Besitz jüdischer Familien. Ein dafür 1942 zwischen Preßburg und Berlin geschlossenes Abkommen war nach
den Worten Arzingers von Anfang an "unmoralisch und illegal" und deshalb nichtig. Nach Angaben des Zentralverbandes sollte ein Teil des
geforderten Geldes slowakischen Holocaust-Opfern zugute kommen, der Rest zur Pflege jüdischer Denkmäler und Friedhöfe verwendet
werden. (APA)