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Welt
Auf den Spuren der größten Katastrophe der k.u.k.-Schifffahrt
Eine Grazer Tauchexpedition startet zum gesunkenen Passagierschiff "Linz"
Graz - In der kommenden Woche beginnt eine Grazer Tauchergruppe mit der weiteren Erforschung des 1918 vor Albanien
gesunkenen österreichischen Passagierschiffs "Linz". Ein erster Tauchgang im Dezember 2000 - wir berichteten - hatte bereits interessante Ergebnisse gebracht,
nun sind für die ersten beiden April-Wochen eine weitere Bergeoperation sowie die Herstellung einer Filmdokumentation geplant.
Der Untergang der "Linz" war die größte Katastrophe in der österreichischen Marine-Geschichte: Das zum Truppentransporter
umfunktionierte Passagierschiff des Österreichischen Lloyd wurde am 19. März 1918 kurz nach Mitternacht vor der Küste von Durres
(vormals Durazzo) von einem U-Boot-Torpedo getroffen und sank binnen weniger Minuten. An die 1.000 Menschen kamen ums Leben, nur
291 Personen konnten gerettet werden.
Die offiziellen Nachrichten über die Katastrophe waren sehr spärlich. Erhalten ist ein Augenzeugenbericht des Bootsmannsmaats Peter
Pitschiller, der die dramatischen Minuten des Untergangs schilderte: "Dann begann der Kampf aller gegen alle. Ich sah Menschen, die mit
Messern um Rettungsringe kämpften. Ich sah, wie Soldaten, den Rettungsring um, in voller Uniform ins Wasser sprangen. Aber andere
sprangen nach und hängten sich an sie. Und dann sah ich sie versinken. (...) Ich sah die Offiziere und Unteroffiziere herausstürzen, wehrlos
gegenüber der Panik auf dem Deck, die nicht aufzuhalten war, und ich musste zusehen, wie sie die Pistolen zogen und sich in den Kopf
schossen." Dann bekam die Linz 45 Grad Schlagseite, stellte sich dann kerzengerade auf und versank. Pitschiller wurde mit 290 anderen
Überlebenden von den Begleitschiffen aufgenommen.
Die technischen Daten der "Linz": Länge 104 m, Breite 13,8 m, Tiefgang 7,9 m, Wasserverdrängung 3.819 Bruttoregistertonnen. Als Kapitän
fungierte zuletzt Hugo Tonello.
Mitte Dezember 2000 hatte das Grazer Tauchteam der "Blue Dolphin Tauchschule" von Gerald Kozmuth, der auch das Marinemuseum
"Viribus Unitis" betreibt, einen ersten Tauchgang zu dem in 45 Meter vor Kap Rodoni liegenden Wrack absolviert. Dabei konnten
verschiedene nautische Instrumente und die Schiffsglocke aus dem Wrack geholt und ins Marinemuseum nach Graz gebracht werden.
Die zweite Expedition wird von 2. bis 18. April wieder von fünf professionellen Tauchern durchgeführt. Ziel ist es, weitere Bergungen aus
dem Wrackinneren vorzunehmen und eine Fernsehdokumentation über die österreichische Marine, den Österreichischen Lloyd und die
aktuelle Wracksuche zu drehen.(APA/red)