Guatemala - Im Gerichtsverfahren gegen die mutmaßlichen Mörder des guatemaltekischen Bischofs Juan Gerardi ist der Hauptbelastungszeuge als glaubwürdig bezeichnet worden. Der obdachlose Ruben Chanax sei "geistig normal" und habe "überzeugende, völlig glaubhafte Aussagen gemacht", hieß es am Dienstag (Ortszeit) laut Kathpress unter Hinweis auf vier medizinische Gutachten bei der Gerichtsverhandlung in der Hauptstadt Guatemalas. Chanax, der sich inzwischen im ausländischen Exil befindet, hatte nach eigenen Angaben in der Mordnacht unweit des Bischofshauses im Freien geschlafen. Vor seiner Ausreise hatte er vor dem Generalstaatsanwalt seine Aussage gemacht. Chanax hatte angegeben, den ehemaligen Chef des Geheimdienstes, Oberst Disrael Lima Estrada, dessen Sohn Byron Lima Oliva sowie Obdulio Villanueva, Mitglied der Präsidentengarde, in der Nähe des Bischofshauses gesehen zu haben. Villanueva habe den Leichnam des Bischofs gefilmt. Der ebenfalls angeklagte ehemalige Sekretär Gerardis, der Priester Mario Orantes, kam nach Aussagen von Chanax erst später aus dem Haus. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Geistlichen jedoch zumindest Mittäterschaft vor, da er erst zwei Stunden nach der Tat die Polizei gerufen habe. So habe er Zeit gehabt, seine Kleidung zu wechseln und andere mögliche Beweisstücke zu vernichten. Außerdem seien im Zimmer von Orantes 83 Videofilme mit teilweise pornografischen oder gewalttätigen Inhalten gefunden worden, so die Anklage. Der am vergangenen Freitag begonnene Prozess gegen die mutmaßlichen Mörder Gerardis war seit Februar mehrfach verschoben worden. Fast 200 Zeugen, darunter der derzeitige Verteidigungsminister, sowie mehr als 20 Sachverständige sollen bei dem mehrere Wochen dauernden Verfahren gehört werden. Gerardi war als Leiter des katholischen Menschenrechtsbüros im April 1998 erschlagen worden, zwei Tage nach Veröffentlichung eines kirchlichen Berichts über die Verbrechen der Militärdiktatur während des 36 Jahre dauernden Bürgerkriegs. Darin wird das Militär beschuldigt, für 150.000 Morde und 50.000 Fälle von verschwundenen Personen verantwortlich zu sein. (APA)