Washington/Bagdad/Wien - Dass der Irak ganz oben auf der Agenda der neuen US-Regierung von George W. Bush steht, weiß man spätestens seit den Luftangriffen Ende Februar. Nun wurden auch Details des angekündigten Revisionsplans der UN-Sanktionen gegen den Irak bekannt, den die Amerikaner zurzeit ausarbeiten. Bekanntlich gehörte Außenminister Colin Powell zumindest vor seinem Eintritt in die Regierung zu den Kritikern des umfassenden Embargos gegen den Irak, das nach dessen Einmarsch in Kuwait 1990 verhängt wurde, die irakische Bevölkerung ins Elend gestürzt, das Regime von Saddam Hussein aber eher noch gestärkt hat.

Die Situation ist heute so: Der Irak verkauft unter UN-Resolution 986 (Öl gegen Lebensmittel) seit 1996 Erdöl; das Geld kommt auf ein von der UNO verwaltetes Konto, von dem der Irak Lebensmittel- und andere Einkäufe bezahlt. Die dazu abgeschlossenen Verträge zwischen Irak und Verkäufern müssen von der UNO bewilligt werden, damit sich nichts einschleicht, was zu Rüstungszwecken missbraucht werden könnte. Momentan sind rund 1500 Kaufverträge im Umfang von 3,3 Milliarden Dollar eingefroren: von den USA beeinsprucht.

Natürlich findet der Irak Wege, dieses Prozedere zu umgehen. Erstens blüht an allen Grenzen der Schmuggel, der auch von den USA aus politischen Gründen nur sehr einseitig bekämpft wird: Zwischen Irak und Iran darf nicht geschmuggelt werden, zwischen Irak und dem Nato-Land Türkei schon, das sich auf diese Weise ein wenig für die wirtschaftlichen Verluste durch das Irak-Embargo schadlos halten darf. Nebeneffekt des Türkei-Schmuggels: Auch die schwierigen Kurden, über deren Land die Waren gehen, werden durch große Einnahmen (die sie teilweise wiederum mit Bagdad teilen!) bei Laune gehalten.

In letzter Zeit versuchte der Irak jedoch, Ölkäufer dazu zu überreden, ihre offiziellen Zahlungen weiter auf das kontrollierte UNO-Konto zu überweisen, daneben aber etwas für den Irak direkt abzuzweigen. Öl wird teilweise auch hergeschenkt, die Einkünfte durch den Verkauf zwischen dem Beschenkten und dem Irak geteilt.

Der US-Vorschlag soll das alles abstellen. Die Überprüfung der Irak-Importe soll direkt an den Grenzen beziehungweise in den Flughäfen der Lieferländer stattfinden. Um die Nachbarstaaten, denen, gelinde gesagt, die aktuelle Situation recht gut passt, zur Mitarbeit zu ermutigen, soll ihnen garantiert werden, dass sie erstens irakisches Öl zu besonders guten Preisen kaufen und zweitens um den Gegenwert Waren in den Irak verkaufen können. Um zu vermeiden, dass jemand illegal mitschneidet, würden die Ölgeschäfte nur von von der UNO zugelassenen Firmen abgewickelt werden. Den Aufwand für die Einfuhrkontrollen würde zudem der Irak selbst zahlen - ein Teil des von "Öl für Lebensmittel" verdienten Geldes ist ohnehin für UNO-Ausgaben gebunden.

Ein schönes Konzept, aber einstweilen eine Rechnung ohne den Wirt. Zur Durchführung der "schlauen" Sanktionen würde eine neue UN-Resolution erforderlich sein. Wie der Irak dazu gebracht werden könnte, ihr zuzustimmen, ist nicht ersichtlich. (DER STANDARD; Printausgabe, 29.3.2001)