Eberswalde/Berlin - Kaum ein Kriminalfall in Deutschland hat jemals für solches Aufsehen gesorgt: Nach fünfwöchiger Suche ist der mutmaßliche Mörder der 12-jährigen Ulrike Brandt aus Eberswalde gefunden. Oberstaatsanwalt Carlos Weber bestätigte am Donnerstag, ein am Vortag festgenommener 25-jähriger Deutscher sei der Tatverdächtige. Der genetische Fingerabdruck, also der Vergleich zwischen Spuren am Tatort und einer Speichelprobe, sei der "erwartete Volltreffer" gewesen. Zuvor habe der Mann bereits "ein umfassendes Geständnis" abgelegt."Kein Unbekannter" Der Tatverdächtige ist laut Weber bei Polizei und Gericht "kein Unbekannter". Wegen Eigentums- und Verkehrs-, nicht aber Sexualdelikten saß er mehrere Haftstrafen ab. Da sich seine Fingerabdrücke bereits in Polizeiakten befanden, führte ein Vergleich zu ihm. Die Abdrücke stimmten mit jenen überein, die auf dem Verbandskasten des Autos, mit dem das Mädchen angefahren wurde, entdeckt worden waren. Laut Erkenntnissen der Polizei erdrosselte der Mann das Kind am ersten Tag. Ulrike war am 22. Februar verschleppt worden. Tausende Polizisten starteten daraufhin eine groß angelegte Suchaktion. Rechtsextreme Gruppierungen versuchten, das Thema politisch zu nutzen und forderten sogar die Todesstrafe für den Täter. Die Leiche der Schülerin wurde zwei Wochen später in einem Waldgebiet entdeckt. Zuvor war ein als gestohlen gemeldetes ausgebranntes Auto entdeckt worden, mit dem das Kind angefahren worden war. Der Tatverdächtige gab bei der Vernehmung an, das Kind nicht vorsätzlich entführt zu haben. Erst nach dem Unfall sei ihm der Gedanke gekommen, das Mädchen sexuell zu missbrauchen. Staatsanwalt Weber: "Aber da gibt es noch Widersprüche." Der mutmaßliche Täter lebt in Fürstenwalde, rund hundert Kilometer von Ulrikes Heimatort entfernt. Da seine Mutter früh verstorben und sein Vater unbekannt ist, wohnte er mehrere Jahre in einem Kinderheim in der Nähe ihres Elternhauses. Ulrikes Eltern baten die Medien, ihr Haus nicht mehr zu belagern. Die Suchaktion war ein großes Medienspektakel. (Alexandra Föderl-Schmid, DER STANDARD Print-Ausgabe 30. März 2001)