Mensch
Das Klonen beschäftigt nun den US-Kongress
Im Hearing kommen erst die Befürworter zu Wort - Wissenschafter warnen: "einfach kriminell"
Washington - Mit dem Hinweis auf Aldeous Huxleys "Brave new world" - dort werden die Menschen in Flaschen gezogen - eröffnete der Vorsitzende eines Hearings des US-Kongresses am Mittwoch die erste Sitzung über das Klonen von Menschen, das "richtige", reproduktive Klonen, bei dem aus einzelnen Zellen ganze Menschen werden sollen.
Was vor kurzem noch als technisch unmöglich und moralisch tabu galt - weshalb es in den USA auch keine gesetzliche Regelung gibt -, wird nun vom Kongress so ernst genommen, dass zunächst zwei Verfechter des Klonens geladen waren, die beide angekündigt haben, noch dieses Jahr das große Werk mit einer Geburt abschließen zu wollen.
Auf der einen Seite ist das eine Gruppe von Reproduktionsmedizinern um den Italiener Severino Antinori, auf der anderen Seite eine US-Sekte, die nach ihrem Gründer "Rael" benannt ist, der sich seinerseits 1973 "nach einer Begegnung mit Außerirdischen" so genannt hatte.
Viele Leihmütter
Von ihnen lernte er auch, das sie die Menschheit im Reagenzglas geschaffen haben. Seit Klonschaf "Dolly" will Rael das selbst übernehmen und hat dazu die Firma Clonaid gegründet. Die "Raeliten" experimentieren eigenen Angaben zufolge schon mit Rinder-Klonen, und sie haben für das Klonen von Menschen zwei Vorteile: Die Sekte ist reich, und sie hat viele junge weibliche Mitglieder, also Leihmütter. Eine von ihnen soll den Klon eines Babys austragen, das mit zehn Monaten verstarb und im Namen Raels nun wieder auferstehen soll.
Wie weit es um das wissenschaftliche Know-how von Clonaid steht, ist weniger bekannt. Unstrittig haben das die Konkurrenten, die Reproduktionsmediziner, von denen Antinori schon Gesellenstücke abgelegt hat, indem er etwa - mit klassischen Methoden - einer 62-Jährigen zu einem Kind verhalf.
Während Rael sich auf die Freiheit der Wissenschaft beruft - und einen Klonbefürworterbrief vorweist, der unter anderem vom DNA-Entdecker Francis Crick und Friedensforscher Johan Galtung unterzeichnet ist -, argumentieren die Mediziner mit den Nöten von Paaren, die allen bisherigen Techniken zum Trotz kinderlos bleiben.
Das Hearing zeigte sich wenig beeindruckt und sprach sich einhellig für ein Klonverbot aus, das auch von US-Präsident George W. Bush befürwortet wird. In Europa ist Klonen verboten, weshalb die Reproduktionsmediziner nach Israel ausweichen wollen.
"Menschen klonen wäre einfach kriminell"
Auch die Scientific Community nimmt die Klonpläne einiger Forscher inzwischen so ernst, dass sie immer drängender nach einem weltweiten Verbot ruft, nun auch in einem der weltführenden Wissenschaftsjournale, Science: "Menschliche Klonexperimente werden gleich hohe Misslingsraten haben wie Tierexperimente", warnen dort Jan Wilmut - einer der Väter des Klonschafs "Dolly" - und Rudolf Jaenisch, Klonpionier in Cambridge, Massachusetts.
Beiden Forschern geht es nicht um moralische Fragen, sondern um die Sicherheit des Verfahrens, die bei Tierexperimenten ganz und gar nicht gewährleistet ist: Beim Klonen größerer Säugetiere sterben 97 bis 98 Prozent schon vor der Geburt. Die geboren werden, sind oft monströs dick, haben deformierte Schädel und viele innere Entwicklungsstörungen. Bei Wilmut etwa wurde kurz vor Weihnachten ein gesund aussehendes Schaf geboren, das kurz darauf eingeschläfert werden musste, weil Blutgefäße in den Lungen falsch gewachsen waren.
Diese Misserfolge gelten für alle fünf Säugetierarten, die bisher geklont wurden, sie würden auch für das sechste gelten. Deshalb wäre jeder Versuch an ihm für Wilmut und Jaenisch "einfach kriminell und verantwortungslos".
Hintergrund dieser scharfen Attacken ist das ganz andere Klonen, das "therapeutische", bei dem nicht ganze Menschen, sondern menschliche Gewebe - aus Stammzellen - für Transplantationszwecke gewonnen werden sollen. Die Forscher fürchten um ihre beschränkte Freiheit bei diesem Klonen - es ist nur in Großbritannien und den USA teilweise erlaubt -, wenn das andere Monster zeugt.
(DER STANDARD, Print-Ausgabe, 30. 3. 2001)