Europa
Trittin bleibt Umweltminister
Bundestag lehnt Entlassung Trittins ab - Grüne Realos wollen Trittin angeblich zum Rücktritt drängen
Berlin - Der deutsche Bundestag hat die Forderung der Unionsparteien nach Entlassung von Bundesumweltminister Jürgen Trittin
(Grüne) am Donnerstag mit den Stimmen von SPD, Grünen und PDS abgelehnt. In namentlicher Abstimmung votierten 354 Abgeordnete
gegen den Antrag von CDU/CSU und FDP. Für die Entlassung stimmten 264 Abgeordnete.
Die Union hatte die Entlassung Trittins gefordert, nachdem der Minister CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer eine Skinhead-Mentalität
unterstellt hatte. Dafür war er auch in den eigenen Reihen unter Kritik geraten. Über die von der Union gestartete Nationalstolz-Debatte gab
es vor der Abstimmung einen scharfen Schlagabtausch.
"Kein Ausrutscher"
Die konservative Opposition forderte die Entlassung Trittins, da dessen Äußerung kein "Ausrutscher" gewesen sei. Auch frühere Aussagen
des grünen Ministers kämen aus "einem zutiefst verwurzelten Freund- Feind-Denken", kritisierte Oppositionsführer Friedrich Merz. Trittin sei
"ein Risiko für das ganze Land", da er reflexartig ablehnend reagiere, wenn er das Wort Deutschland höre.
SPD-Fraktionschef Peter Struck sprach von "lächerlichen Schau-Veranstaltungen", mit denen die Union über fehlende politische Konzepte
hinwegtäuschen wolle. Die Opposition wolle entscheiden, wer ein Patriot sei: "Das ist anmaßend, und das werden wir Ihnen nicht durchgehen
lassen." Struck hob hervor, dass sich Trittin für seine Äußerung entschuldigt habe. Der Minister sei "in der Sache zurecht" auch von der SPD wegen
seiner Äußerung gerügt worden. "Der Satz von Jürgen Trittin war ein politischer Fehler und es war auch kein guter politischer Stil", sagte die Grünen-Fraktionsvorsitzende
Kerstin Müller. Trittin habe sich aber dafür entschuldigt. Der Opposition warf Müller vor, sie führe eine "verquaste Nationalstolzdebatte".
Das deutsche Parlament kann die Entlassung eines Ministers nicht erzwingen. Gemäß der Verfassung erfolgt die Berufung und Entlassung
eines Ministers auf Vorschlag des Bundeskanzlers durch den Bundespräsidenten.
Grüne gegen Trittin
Nach Informationen der "Stuttgarter Zeitung" soll Trittin nach dem Willen führender
Grünen-Politiker zum Rücktritt aus seinem Ministeramt gedrängt werden. Eine entsprechende Absprache habe der Realo-Flügel der Partei
unter Beteiligung von Außenminister Joschka Fischer getroffen, berichtete die Zeitung am Donnerstag im Voraus in Berlin. Ziel sei es, Trittin
noch vor der Sommerpause durch Druck innerhalb von Partei und Fraktion sowie in der Öffentlichkeit zum Amtsverzicht zu bewegen.
Wenn Trittin nicht von sich aus Konsequenzen ziehen wolle, solle ihm in der Bundestagsfraktion oder in einem Führungsgremium der Partei
das Vertrauen entzogen werden, berichtet die Zeitung. Auch mit einflussreichen Repräsentanten des linken Parteiflügels sei Übereinstimmung
erzielt worden. Als Nachfolger sei der Grünen-Umweltpolitiker Reinhard Loske im Gespräch. Die SPD habe
signalisiert, dass sie einen Amtsverzicht Trittins begrüßen würde.
Die Grünen dementierten den Bericht umgehend. (APA/dpa/red)