Moskau - Einen Tag nach seiner Ernennung hat sich der neue russische Verteidigungsminister Sergej Iwanow für die allmähliche Abschaffung der Wehrpflicht ausgesprochen. Iwanow erklärte am Donnerstag, eine kleinere und kostengünstigere Armee sei mobiler und ermögliche den Kauf von neuen Waffen, wie die Nachrichtenagentur Interfax berichtete. Die Reform der Streitkräfte solle jedoch langsam vorangehen. "Die Nationale Sicherheit ist keine Sphäre, in der Revolutionen möglich sind", sagte der Verteidigungsminister. Iwanow löste am Mittwoch Igor Sergejew ab, der sich einer Reform der Streitkräfte weitgehend widersetzt hatte und deshalb in die Kritik geraten war. Die Abschaffung der Wehrpflicht wird in Russland schon seit Jahren diskutiert. Iwanow hatte im vergangenen Jahr einen Vorschlag vorgelegt, nach dem die Streitkräfte um 365.000 Mann reduziert werden sollten. Das Verteidigungsministerium lehnte den Plan damals ab. Alle russischen Männer müssen mindestens zwei Jahre Militärdienst leisten. Vertrauter Iwanow Putin hatte am Vortag den bisherigen Verteidigungsminister Igor Sergejew entlassen und seinen Vertrauten Iwanow eingesetzt, der bisher Sekretär des Sicherheitsrates war. Iwanow soll vor allem die von ihm federführend ausgearbeitete Armee-Reform durchsetzen. Putin will das Personal in den zwölf militärischen Formationen Russlands von zwei Millionen Mann um 600.000 Mann bis 2005 abbauen lassen. "Es wird keine Revolution geben", sagte Iwanow der Agentur ITAR-TASS. "Der Mann, der die Reform geplant hat, wird sie auch umsetzen." Der russische Sicherheitsrat sollte am Donnerstag zum ersten Mal unter der Leitung des neuen Sekretärs Wladimir Ruschailo tagen. Er war bisher Innenminister. Putin hatte ihn dort durch Boris Gryslow ersetzt, den Fraktionsvorsitzenden der Kreml-treuen Partei Einheit (Jedinstwo) im Parlament. Verteidigungs-Vize namens "Liebe" Um die Militärfinanzen besser verwalten zu lassen, versetzte Putin die Expertin Ljubow Kudelina vom Finanz- in das Verteidigungsministerium. Sie ist die erste Vize- Verteidigungsministerium in der russischen Geschichte. Ljubow Kudelina (45) ist die erste stellvertretende Verteidigungsministerin in der russischen Geschichte. Präsident Wladimir Putin hat der Finanzexpertin bei seiner Regierungsumbildung die milliardenschwere Kasse der Streitkräfte anvertraut. "So etwas erlauben sich nicht mal alle westlichen Länder - mit Ausnahme Skandinaviens", freute sich am Donnerstag die Moskauer Zeitung "Kommersant" über das unerwartete weibliche Einsprengsel im ansonsten männlich-konservativen Militärmilieu Russlands. Die Vizeministerin werde die Generäle schon "in Reih und Glied stellen", meinte die Abgeordnete und Haushaltsfachfrau Oksana Dmitrijewa. Kudelina kennt das Militär von Kindesbeinen an. Als Tochter eines Offiziers wurde sie am 4. April 1955 in der fernöstlichen Hafenstadt Wladiwostok geboren. Nach dem Abschied aus der Armee arbeitete ihr Vater im sowjetischen Finanzministerium, und die Tochter folgte ihm dorthin. In 24 Dienstjahren arbeitete sie sich im Ministerium hoch. Seit 1999 verwaltete sie als Vize-Finanzministerin den Säckel für den Sicherheitsapparat aus Polizei, Armee und Geheimdiensten. "Wir müssen jede Kopeke zählen", pflegte Kudelina den allmächtigen Uniformträgern zu erklären - und bekam dafür den liebevollen Spitznamen "Kopeka". Ihr Vorname Ljubow heißt übersetzt "Liebe". (APA/dpa/red)