Wien - Die Sozialpartner haben am Donnerstag ihr Modell zur Novelle des Arbeitnehmerschutzgesetzes präsentiert. Das Papier beinhaltet im Kern eine Flexibilisierung des Einsatzes der Arbeitsmediziner und Sicherheitsfachkräfte. So können in Hinkunft auch Psychologen, Chemiker und Toxikologen in der Prävention eingesetzt werden. Nebeneffekt dabei: Die Einsatzzeiten werden insgesamt reduziert. Zum Arbeitsinspektorat wird festgehalten, dass die Kontrollore nur bei Verdacht auf Gefahr für Leben und Gesundheit der Arbeitnehmer oder Verdacht auf schwerwiegende Übertretungen ihren Besuch unangemeldet durchführen könne. Ob die Pläne der Sozialpartner umgesetzt werden, liegt nun an Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (V). Arbeitsunfälle sollen gesenkt werden Als Hauptziel der geplanten Neuregelung nannten Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl und ÖGB-Fritz Verzetnitsch bei einer Pressekonferenz, die Zahl der Arbeitsunfälle unter die "magische" 100.000-Marke zu senken. Im Vorjahr lag sie (exklusive Wegunfälle) bei 110.000. Zudem soll die Betreuung am Arbeitsplatz den Bedürfnissen der modernen Arbeitswelt angepasst werden, daher auch die Einbeziehung von Fachleuten wie Chemikern oder Psychologen. Konkret wird künftig der Einsatz der Arbeitsmediziner und Sicherheitsfachkräfte in drei Kategorien aufgeteilt. Für Arbeitnehmer an Büroarbeitsplätzen sowie Arbeitsstätten mit geringer körperlicher Belastung gilt künftig eine Mindesteinsatzzeit (Präventionszeit) von 1,2 Stunden pro Arbeitnehmer und Jahr. Für Arbeitnehmer an allen anderen Arbeitsplätzen wird eine Präventionszeit von 1,5 Stunden pro Arbeitnehmer und Jahr veranschlagt. Ausgebaut wird der Schutz für Nachtarbeitsplätze: Der Zuschlag beträgt jährlich eine halbe Stunde. Bisher wird bei allen Beschäftigten die Betreuungszeit mit durchschnittlich 1,6 bis 1,7 Stunden berechnet. "Mathematisch" bedeute das Modell eine Reduktion der Einsatzzeit, gestand Verzetnitsch ein. Jedoch würde "ein punktgenauer Einsatz" der Arbeitsmediziner erreicht. Neuverteilung der Präventionszeit als Verbesserung Als Verbesserung werten die Sozialpartner die Neuverteilung der Präventionszeit. Grundsätzlich ist vorgesehen, 40 Prozent der Betreuung auf Sicherheitsfachkräfte, 35 Prozent auf Arbeitsmediziner und je nach betrieblicher Gefährdungs- und Belastungssituation 25 Prozent auf sonstige Fachleute zu verwenden. Ob diese Experten zum Einsatz kommen, bleibt dem jeweiligen Betrieb überlassen. Theoretisch könnte auch bei entsprechender Notwendigkeit mehr Präventionszeit für Sicherheitsfachkräfte und Arbeitsmediziner verwendet werden. Selbst ist der Inspektor Beim Arbeitsinspektorat haben sich Wirtschaft und Arbeitnehmer darauf verständigt, dass die Arbeitsinspektoren selbst entscheiden sollen, ob sie ihre Kontrollen ankündigen. Ausgenommen davon sind nur Fälle, wo es einen Verdacht auf Gefahr für Leben und Gesundheit der Arbeitnehmer gibt oder einen Verdacht auf das Vorliegen schwerwiegender Übertretungen. Leitl unterstrich, dass diese Maßnahme im Sinne des neuen Bilds des Arbeitsinspektors stehe. Der Kontrollor sei nicht mehr Feindbild, sondern solle zum "Freundbild" werden. Gemeinsam nach Verbesserungen zu suchen, müsse das Ziel sein. Verzetnitsch betonte, dass gesichert sei, dass in Notfällen die Kontrolle weiter unangemeldet erfolgen könne. Weitere Einigungen der Sozialpartner betreffen den Verwaltungsbereich. Beispielsweise wird die Berufungsmöglichkeit gegen Verfügungen des Arbeitsinspektorats von drei auf zwei Instanzen reduziert. Zuständig wären demnach weiterhin das zentrale Arbeitsinspektorat und die Bezirksverwaltungsbehörde, jedoch nicht mehr der Landeshauptmann. Die von den Sozialpartnern ausgehandelten Regelungen betreffen allerdings nur Betriebe mit mehr als 50 Arbeitnehmern. Bei kleineren Unternehmen gibt es zwar ähnliche Vorrichtungen, diese können jedoch von der AUVA (Allgemeine Unfallversicherungsanstalt) erledigt werden. Gänzlich eigenständig beim Arbeitnehmerschutz ist der öffentliche Dienst. Dies soll nach Wunsch der Sozialpartner auf Perspektive jedoch geändert werden. (APA)