Skopje/Wien - Der Gegensatz zwischen der slawischen Mehrheitsbevölkerung und der starken albanischen Minderheit in Mazedonien kommt vor allem in der Kulturpolitik zum Ausdruck und war schon vor dem Kosovo-Krieg virulent. Die Albaner beanspruchen den Status eines zweiten Staatsvolks neben den Slawo-Mazedoniern und die Anerkennung des Albanischen als Amtssprache. Verlangt wird ein "binationales" Modell nach belgischem Vorbild mit zwei "konstitutiven Nationen", während die Verfassung von 1991 Mazedonien als "Nationalstaat des mazedonischen Volkes" definiert. Die mazedonischen Albaner hatten in den siebziger Jahren, begünstigt durch die Politik Titos, ähnlich wie im autonom gewordenen Kosovo eine lebhafte kulturelle Aktivität entfalten können, die in Ansätzen auch nationalistische und separatistische Tendenzen aufwies. Nach Titos Tod kam es während der Endphase des jugoslawischen Vielvölkerstaates in den achtziger Jahren zu einem massiven Rückschlag, der Albanischunterricht an den Schulen wurde reduziert. Nach der Unabhängigkeit Mazedoniens und der Aufhebung der Kosovo-Autonomie durch die serbischen Machthaber wurde der Ruf der mazedonischen Albaner nach einer eigenen Universität laut, er stieß aber bei der Regierung in Skopje auf Ablehnung. 1994 beschloss die albanische Gemeinderatsmehrheit von Tetovo, der zweitgrößten Stadt des Landes, in Abwesenheit der slawischen Ratsmitglieder die Gründung einer albanischen Universität (Universiteti i Tetoves) mit sieben Fakultäten und 18 Studienrichtungen und Professoren aus Pristina und Tirana. Zu den privaten Sponsoren gehörte auch die Soros-Stiftung. Skopje verweigerte die Zustimmung mit der Begründung, dass die Eröffnung einer Universität ausschließlich in die Kompetenz des Staates falle und es sich in Tetovo um ein politisches Projekt handle, welches den albanischen Irredentismus fördere. Der Konflikt spitzte sich zu, der designierte Rektor und mehrere Parlamentsabgeordnete albanischer Volkszugehörigkeit wurden verhaftet, das Universitätsgebäude von der Polizei verwüstet. Der Kosovo-Krieg musste zu einer Radikalisierung führen, der Antagonismus zwischen Albanern und Mazedoniern verschärfte sich trotz der Präsenz albanischer Parteien in der Koalitionsregierung in Skopje. Im kommunistischen Nachkriegs-Jugoslawien war auf Betreiben Titos nach Errichtung der Teilrepublik Mazedonien mit Erfolg ein slawo-mazedonischer Nationsbildungsprozess in Gang gesetzt worden. Es wurden aus dem örtlichen Dialekt eine eigene Schriftsprache und eine vom serbischen Patriachat losgelöste autokephale mazedonische orthodoxe Kirche geschaffen. Bei dem im September 1991 abgehaltenen Referendum sprachen sich auch nahezu 75 Prozent für die staatliche Unabhängigkeit aus - ein deutliches Signal nicht nur gegenüber Belgrad, sondern auch gegenüber Sofia und Athen. Statt die Albaner-Universität zu legalisieren, vereinbarte Skopje mit der OSZE die Gründung einer von EU und privaten Stiftungen finanzierten "Südosteuropäischen Universität" in Tetovo, deren Abschlüsse vom Staat anerkannt werden. (APA)