Wien - In einem "offenen Brief" an Sozialminister Herbert Haupt appelliert ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch an die Bundesregierung, von einer Wiedereinführung der Ambulanzgebühren Abstand zu nehmen statt sie in einer "Schnellschussaktion" "notdürftig" zu reparieren. Nach Auffassung des ÖGB würde die geplante Nachjustierung zu massiven Verschlechterungen und zu einer verschärften "Krankensteuer" führen. Verzetnitsch kritisiert - laut Aussendung vom Freitag - nicht nur, dass durch die geplanten Maßnahmen die Zahl der von der "Krankensteuer" betroffenen PatientInnen wesentlich steigen würde, sondern legt gleichzeitig dem Sozialminister einen umfangreichen Fragenkatalog vor. Drei Fragen daraus: - Wenn sich jemand ein Bein bricht und deswegen eine Ambulanz aufsucht, werden ihm für die Erstbehandlung im Spital 250 Schilling verrechnet: Muss er, bei neuerlicher Kontrolle, aber auch bei der Gipsabnahme jeweils wieder 250 S bezahlen? Wird die Behandlung billiger, wenn vor jeder Kontrolluntersuchung zwecks Überweisung der Hausarzt aufgesucht wird oder gilt bereits die Wiederbestellung als Überweisung, wodurch "nur" 150 S zu verrechnen wären? - Wie viel ist für eine interne Überweisung von Ambulanz zu Ambulanz zu bezahlen? - Macht es einen Unterschied, ob man innerhalb des selben Spitals überwiesen wird oder eine Spezialambulanz aufsuchen muss? Auskunft in einem eigenen "offenen Brief" begehrte am Freitag auch die AIDS-Hilfe: Was ist für HIV-positive und an Aids erkrankte Menschen geplant? Werden sie von der Ambulanzgebühr nur dann befreit, wenn sie eine Rezeptgebührenbefreiung auch auf Grund ihrer schlechten sozialen Situation und/oder eines Pflegegeldbezuges erhalten würden? Haupt antwortet Verzetnitsch In einer Replik auf den offenen Brief von ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch zeigte sich Sozialminister Herbert Haupt verwundert darüber, dass der ÖGB jetzt so vehement gegen die Ambulanzgebühren Sturm laufe, wo er dies bei schon lange bestehenden Selbstbehalten nicht getan habe. Haupt erinnerte an die Selbstbehalte für Beamte, Eisenbahner, Postbedienstete und Selbstständige, die der ÖGB als Selbstverständlichkeit akzeptiert habe, obwohl davon immerhin rund zwei Millionen Krankenversicherte betroffen seien. Haupt bekräftigte, dass die Einführung von Ambulanzgebühren keineswegs weniger sozial sei als die Forderung des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger nach einer generellen Beitragserhöhung um 0,3 Prozent. Im Parlament will Haupt die "Unklarheiten des Herrn Kollegen Verzetnitsch beseitigen und alle seine Fragen beantworten". Ungeklärte Fragen hätte in der Vergangenheit immer der Hauptverband der Sozialversicherungsträger beantworten können. "Ich nehme zur Kenntnis, dass der Hauptverband dazu nicht mehr in der Lage ist", so Haupt in einer Aussendung. (APA)