Seit rund zwei Wochen hat der Mann mit der Glatze einen neuen Eröffnungssatz: "Wissen S', ich bin ein Zyniker." Dreißig Jahre im Rollstuhl, so das Unausgesprochene, könnten einen dazu machen - auch wenn man sich früher selbst als "Frohnatur" beschrieb. Es war ein ganz banaler Autounfall, der Peter Schumann 1970 in den Rollstuhl brachte. Auf einer Landstraße blendete ihn ein entgegenkommendes Fahrzeug. Schumann landete im Graben. "Wäre an sich nicht schlimm gewesen, war aber zwölf Meter tief", so der zum Unfallzeitpunkt 26 Jahre alte Mann. Seither ist der heute 54-Jährige querschnittgelähmt. Ab dem fünften Halswirbel. Dafür, dass "behindert" nicht "inaktiv" bedeutet, ist er aber das wohl beste Beispiel. Egal, wie man zu seinen Aktivitäten und Aussagen steht. Schon lange vor seiner Kurzzeitkandidatur für die FPÖ, der Rücktrittsgroteske um sein Mandat und Schumanns skandalöser - im Nachhinein als "zynisch gemeint" und "aus dem Zusammenhang gerissen" entschuldigten - Wortwahl ("Judenmafia" und "Ich fühl' mich wohl in einer braunen Partei") war der Rollstuhlfahrer aus Favoriten eine schillernde Figur: Als Unternehmer schlitterte Schumann 1970 mit der Spedition Schumann in die Pleite. Er wechselte das Metier und engagierte sich einerseits in der Medien- und Behindertenarbeit, andererseits im Fußball. Der Durchbruch blieb ihm allerdings verwehrt. Schumanns Engagement als Spielervermittler und "Retter" des Favoritner Fußballclubs Fav AC endete 1995 vor Gericht. Dem jetzigen FP-Klubobmann Peter Westenthaler waren Schumanns Aktivitäten damals eine Sachverhaltsdarstellung an den Staatsanwalt wert. Schumanns 1981 gegründetes Behindertenmagazin Mobil kommt im Lauf der 80er-Jahre nicht und nicht aus den roten Zahlen. Das von ihm initiierte Projekt der Favoritner Gratis-Boulevardpostille Hallo Nach- bar verschwindet bald von der Bildfläche. 1984 wird Peter Schumann - auf einem Ticket der SPÖ und gestützt von Helmut Zilk - ORF-Kurator. "Ich bin 1991 wieder gegangen, weil man ohne die Fraktion dort nichts ausrichten kann. Und denen sind Behindertenanliegen völlig egal", erklärt Schumann heute. Unterschiede zwischen den Parteien gab und gäbe es da nicht: Dass er weder als wilder noch als freiheitlicher Mandatar ins Rathaus einziehen wolle, begründete Schumann vergangenen Freitag mit exakt denselben Worten. Neben seiner Arbeit als Behindertenlobbyist seines Vereines "Aktiv Mobil" - über den entstand "schon vor langer Zeit" der Kontakt zu Helene Partik-Pablé - gibt der mittlerweile dreifache Großvater an, eine einzige Leidenschaft zu haben: Rapid. "Es stimmt nicht, dass ich seit meiner Kindheit Fan bin - ich war schon Rapidler, bevor ich auf die Welt gekommen bin." (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 31.1./1.4. 2001)