Netzpolitik
Richter verurteilt "US"-Porno-Site
Spektakuläres Urteil in England
Der Southwark Crown Court in London hat gestern den 29jährigen Graham Waddon aus Surrey,
England, zu 18 Monaten auf Bewährung verurteilt. Grund: Er hat eine der größten Porno-Sites Großbritanniens ins Netz
gestellt. Der Server dafür stand aber in den USA.
Der Richterspruch markiert eine Wende in der Cyber-Rechtssprechung. Bislang haben Richter Betreiber von Sites nur
verurteilt, wenn der Server für das Angebot in dem Land stand, in dem das Gericht ebenfalls beheimatet ist. Nun ist es
offenbar unerheblich, von welchen Hoheitsgebieten aus das Angebot ins Netz gespeist wird. Richter Christopher Hardy
vertrat die Ansicht, das Angebot wurde in den Grenzen des Königsreiches erstellt, daher fällt es unter britisches Recht.
Pornographie ist auf der Insel strafbar.
"Dank des Urteils werden es sich Anbieter zweimal überlegen, ob sie Web-Sites wie
diese ins Netz einspeisen"
Der Polizeichef Martin Jauch erklärte: "Der Richter hat deutlich darauf hingewiesen, daß den Angeklagten lediglich seine
chronische Krankheit davor bewahrt hat, ins Gefängnis zu wandern". Waddon hat Probleme mit seinen Schilddrüsen.
Gleichzeitig frohlockt der Polizeichef: "Dank des Urteils werden es sich Anbieter zweimal überlegen, ob sie Web-Sites wie
diese ins Netz einspeisen". Das Aufstellen des Servers außerhalb von Großbritannien bewahre Porno-Anbieter nicht mehr
vor britischem Recht.
Die neue Rechtssprechung könnte auch Auswirkungen auf die Verfolgung von "verbotenen" Sites auf internationaler Ebene
haben.
Sinnvoller sei die internationale Verfolgung der Urheber
Im Mai 1998 war der frühere Chef von Compuserve Deutschland, Felix Somm, vor dem Amtsgericht München wegen der Verbreitung von
Pornographie im Internet zu zwei Jahren Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden. Damals hat erstmals ein deutsches Gericht einen
Online-Anbieter für pornographische Inhalte im Internet mitverantwortlich gemacht.
Abgesehen davon, daß das Urteil als Skandal gewertet wurde, da selbst die Staatsanwaltschaft einen Freispruch beantragt hatte, stand damals
der selbe Punkt zur Debatte: Verteidiger Ulrich Sieber sagte, Deutschland könne sich nicht gegen strafbare Inhalte im Internet abschotten.
Sinnvoller sei die internationale Verfolgung der Urheber. (ZDNet Deutschland)