Monza – In Kooperation mit der US-Softwarefirma McLaren in Zukunft sogenannte neuronale Netzwerke einsetzen, um Ereignisse im Rennverlauf besser als bisher vorhersagen zu können. Gelänge es, sich anbahnende Defekte noch schneller als bisher zu identifizieren, so könnte dies durchaus rennentscheidend sein.

Vorhersage von Aktienkursen

Neuronale Netze sind Computerprogramme, die der Funktionsweise von Nervennetzwerken nachempfunden sind und sich besonders für Prognosen eignen. Beispielsweise werden sie seit Jahren im Börsenbereich zur Vorhersage von Aktienkursen eingesetzt. Gefüttert mit den Daten der Vergangenheit, sollen sie in vergleichbaren Situationen erkennen. Aus Messdaten alter Rennen sollen bessere Prognosen für das Verhalten der Maschine in einem aktuellen Rennen errechnet werden. Bislang haben die Programmierer jedoch noch kaum Erfahrung mit Neuronalen Netzen im Motorsport.

Derzeit werden die Daten aus den mehr als 300 Kilometer pro Stunde schnellen Rennwagen per Funk in die Box zu übertragen. Entsprechende Telemetrieempfänger werden dazu entlang der Strecke aufgebaut. Auf einer Distanz von 60 Metern, die ein Rennwagen in weniger als einer Sekunde durchfährt, kann die Empfangsantenne alle Messdaten aus dem Fahrzeug aufnehmen. Die genaue Rate der Datenmenge ist dabei geheim. In Sekundenschnelle werden die Fahrzeugdaten während des Rennens bei McLaren von Analyseprogrammen der Firma Computer Associates ausgewertet, die auf Sun-Workstations laufen.

Verboten

Die sensiblen Daten gelangen über eine Satellitenanlage von Siemens direkt in die Zentrale nach Woking, wo sie von Topspezialisten ausgewertet werden. Auf gleichem Weg können Anweisungen wieder zurück zur Box gesendet werden. Manche Formel-1-Techniker würden die Fahrzeugelektronik ebenfalls direkt per Funk fernsteuern. Anfang der neunziger Jahre wurde dies tatsächlich schon gemacht und das Fahrverhalten der Formel-1-Wagen am Fahrer vorbei optimiert. Nach Protesten von Rennfahrern und Teams mit weniger High-Tech-Erfahrung wurde das Senden von Daten an die Fahrzeuge im 1993 verboten.

Erlaubt ist hingegen der Sprechfunkkontakt mit dem Fahrer. Er erhält aufgrund der analysierten Telemetriedaten konkrete Hinweise und Fahrempfehlungen. Wird ein sich anbahnendes Problem erkannt, so kann der Fahrer sein Fahrverhalten entsprechend anpassen. Die Kommunikation mit dem Formel-1-Piloten erfolgt verschlüsselt, so dass Konkurrenzteams auf keinen Fall strategisch wichtige Informationen abfangen und für sich ausnutzen können. Die während des Rennens empfangenen Telemetriedaten erfordern eine möglichst schnelle Verarbeitung und Reaktion. "60 Prozent der Daten sind schon nach 20 Minuten für das Rennen vollkommen wertlos", so McLaren-Mitarbeiter Richard Carmichael. Dennoch werden sie alle sorgfältig gespeichert, denn sie können durchaus noch für künftige Rennen von Bedeutung sein. Bis zum Ende einer Saison kommen auf diese Weise 25 Gigabyte zusammen. (pte/welt)