Der Sieg in der Entsatzschlacht bei Wien 1683 wurde von Kaiser Leopold I. genützt, um die Türkengefahr ein für allemal zu bannen und ganz Ungarn unter habsburgische Herrschaft zu bringen. Schon ein Jahr danach glückte den Truppen unter dem Oberbefehl von Karl von Lothringen die Eroberung des alten Erzbischofssitzes Gran/Estergom, ein weiteres Jahr später die der beherrschenden Festung Neuhäusl/Nove Zamky. Über den ganzen Sommer 1686 dauerte die Belagerung der Festung des Paschas von Ofen/Buda, am 2. September konnte auf ihr die kaiserliche Fahne gehisst werden. Nun folgte ein Siegeszug ohnegleichen. Die Türken mussten den Heeren des Kaisers den Weg nach Siebenbürgen und Serbien freigeben. Schon schöpften die Balkanvölker Hoffnung auf Befreiung, doch die enttäuschende Arroganz der Kaiserlichen, die bis Sofia und Albanien vorstießen und ein Angriff Ludwigs XIV. auf die Westgrenze des Reiches verhinderten sie. Sogleich aber hatte sich die österreichische Verwaltung im eroberten Ungarn zu etablieren begonnen. Leopold I., ganz absolutistischer Fürst, nahm die unumschränkte Herrschaft über das gesamte Ungarn, einschließlich Siebenbürgens, in Anspruch. Um die verbrieften Rechte des ungarischen Adels, dem der militärische Sieg über die Türken das Lavieren zwischen den Fronten unmöglich machte, kümmerte er sich im Siegesrausch nicht. Zwar ließ das Strafgericht des Generals Caraffa über die Anhänger des "Kuruzzenkönigs" Tökoly, der den Kaiserlichen, zum Teil mit türkischer Reiterei, Rückzugsgefechte geliefert hatte, viele Ungarn an ihrer "Befreiung" zweifeln. Doch die habsburgische Partei, die Labanzen, hatte nun die Oberhand. Auf dem rasch einberufenen Reichstag zu Bratislava 1687 erkannten die Stände das Erbrecht des Hauses Österreich auf die ungarische Krone an, zudem verzichteten sie auf das ihnen 1222 vom König zugestandene Widerstandsrecht (auf das sich die Kuruzzen berufen hatten). Leopold gewährte dafür gewisse Zugeständnisse in der Religionsfreiheit und bei der Mitwirkung in der Landesverwaltung. Weitgehend abgeblockt hingegen wurden die Adelsansprüche auf Grundbesitz in ehemals Türkisch-Ungarn dadurch, dass nur schriftliche Belege anerkannt wurden, die es oft nicht gab. Oder es waren überhaupt die einstigen Eigentümer nicht mehr da. Das oft verwüstete und entvölkerte Land fiel an die Krone. Der Krieg war noch nicht zu Ende, in wechselvollen Kämpfen eroberten die Türken sogar Belgrad zurück. In dem jungen Prinzen Eugen von Savoyen war dem Kaiser jedoch ein Feldherrntalent zugewachsen, wie es die Geschichte nur selten kennt. Bei Zenta wurde 1697 die türkische Militärmacht so aufs Haupt geschlagen, dass der Sultan den Frieden von Karlowitz/Sremski Karlovci schließen musste, in welchem er Ungarn samt Siebenbürgen, aber noch ohne das Banat, abtrat. Dieses wurde erst nach den Siegen Prinz Eugens bei Peterwardein/Petrovaradin und bei Belgrad in einem zweiten Krieg durch den Frieden von Passarowitz/Pozarevac 1718 habsburgisch. Zwischen den beiden Friedensschlüssen aber lag noch kein Frieden für die Österreicher. Der ungarische Magnat Franz (Ferenc) II. Rákóczy war nicht bereit, in der Befreiung von den Türken auch die Freiheit für die ungarische Nation (die allein durch den Adel repräsentiert wurde) zu sehen. Sein Vater war in die Magnatenverschwörung Zrinys verwickelt gewesen, hatte aber deren Aufdeckung straffrei überstanden. Er war mit Zrinys Tochter Ilona verheiratet. Der junge Sohn Franz II. musste nach dem Tod seines Vaters unter der Vormundschaft von Kardinal Kollonitsch zunächst in Wien bleiben und gab sich habsburgfreundlich. Nach Ungarn heimgekehrt, unterstützte er aber eine Aufstandsbewegung und wurde in der Burg von Wiener Neustadt eingekerkert. Es gelang ihm die Flucht nach Polen, und 1703 stellte er sich, von Ludwig XIV. (der mit Österreich im Krieg lag) und dem Sultan unterstützt, an die Spitze eines neuen Aufstandes. Er proklamierte als "Fürst von Ungarn" die Unabhängigkeit des Königreichs. Anfangs hatte er große militärische Erfolge. Die Streifscharen seiner Kuruzzen - damals entstand in Wien das Fluchwort "Kruzitürkn" - drangen bis in die Wiener Vororte Erdberg und St. Marx vor und fielen auch ins Weinviertel und in die Oststeiermark ein. Doch dann wurde Rákóczy vernichtend geschlagen, und sein General Sándor Károlyi, der zweimal die Fronten gewechselt hatte, schloss mit dem Kaiser den Frieden von Szatmar (1711). Rákóczy ging zuerst nach Paris und dann nach Konstantinopel ins Exil. Der Rákóczymarsch, angeblich erstmals vor dem Grafen von einem Zigeuner gespielt, gilt als Nationalmarsch der Ungarn. Unter Karl VI. (in Ungarn III.) konsolidierte sich die Habsburgerherrschaft. Obwohl der Vertrag mit Leopold I. die Erbmonarchie nur für die Linie im Mannesstamm gesichert hatte, stimmten die Stände der Erbfolge durch die junge Maria Theresia - sie kam mit ihrem kleinen Sohn Joseph im Arm in den Landtag in Bratislava - zu. Für die Wiederbesiedlung des verwüsteten und entvölkerten ehemals türkischen Ungarn holte man Kolonisten ins Land: Neben einer Binnenwanderung von Norden nach Süden waren dies Serben, die nicht mehr unter der Türkenherrschaft leben wollten, und Deutsche aus dem süddeutschen Raum, die "Donauschwaben", die im Gebiet südlich des Plattensees und im Banat eine neue Heimat fanden. Die neuen Siedler waren persönlich frei und die ersten Jahre nicht durch Steuer und Robot belastet. Sie waren ein wichtiges Element in den Modernisierungsbestrebungen des aufgeklärten Absolutismus, wie ihn Maria Theresia und Joseph II. vertraten. Ungarn blieb vor allem Lieferant von Nahrungsmitteln für die österreichischen und böhmischen Länder. Nicht zuletzt war die Finanzierungsfrage aus Steuermitteln auch ein Grund, dass entlang der Grenze der Türkei die so genannte Militärgrenze gebildet wurde, die sich von Kroatien bis zum Karpatenbogen erstreckte. Diese Zone war kein Teil des Königreichs Ungarn, sondern unterstand direkt dem Wiener Hofkriegsrat. Natürlich war dies nicht nur ein Sicherheitsfaktor nach außen, sondern sollte auch ungarische Rebellionen ausschließen. Im Süden wurden an der Militärgrenze vor allem Serben angesiedelt (das Problem der so genannten Krajna wurde jüngst beim Zerfall Jugoslawiens akut). Aber auch in der neuen Heeresverfassung zeigte sich das Misstrauen Wiens: Das stehende Heer sollte zur Hälfte aus Deutschen und Ungarn bestehen. Joseph II., der es ablehnte, sich in Ungarn krönen zu lassen, wollte sein forsches Modernisierungsprogramm durchziehen, ohne sich den Rückhalt bei der - im Grunde modernisierungsfeindlichen - Aristokratie zu sichern. So stieß er bei dieser auf erhebliche Widerstände. Der Klerus protestierte ebenfalls, weil Joseph auch in Ungarn etliche Klöster und Orden aufhob. Besonders empört waren die Ungarn, dass er anordnete, die lateinische Amtssprache durch das Deutsche zu ersetzen. Ebenso stieß die Ablöse des Selbstverwaltungssystems der Komitate durch eine zentralisierte Administration auf Ablehnung. Kurz vor seinem Tod musste Joseph fast alle seine Reformen zurücknehmen; nur das Toleranzedikt und die Sicherung der Bewegungsfreiheit der Leibeigenen blieben in Kraft. Radikale Adelskreise argumentierten sogar, Joseph II. habe den Vertrag mit dem ungarischen Volk gebrochen, nun sei eine freie Königswahl aktuell. Als "ungarische Nation" verstand sich aber nur der Adel, der seine Privilegien behalten wollte. In den Verhandlungen mit Josephs (bald verstorbenem) Nachfolger Leopold II. über Reformkompromisse bediente man sich also, wie der Historiker Gündisch anmerkt, "revolutionärer Ideen zur Festigung einer feudalen Verfassung".(DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21./22. 4. 2001)