Wien - Wer bei einer Melanomerkrankung auf das "sanfte" Mittel von Mistelextrakten setzt - ob Arzt oder Patient - liegt schief. Eine groß angelegte und mit öffentlichen Geldern unterstützte deutsche Studie beweist, dass der Mistelextrakt keine Auswirkung auf das Überleben von Patienten mit der bösartigsten Form von Hautkrebs hat. Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Untersuchung wurden am Montag beim Europäischen Krebskongress im Austria Center Vienna (bis 16. September) präsentiert. Die klare Aussage von Univ.-Prof. Dr. U. R. Kleeberg, Leiter der im Rahmen des europäischen Krebsforschungs-Netzwerkes EORTC durchgeführten Untersuchung: "Patienten, die das Mistelpräparat, niedrig dosiertes Interferon alpha oder Interferon gamma erhielten, hatten keinen Vorteil gegenüber einer nicht derartig behandelten Kontrollgruppe. Diese Mittel sollten in dieser Form nicht als begleitende Medikamente verschrieben werden." Insgesamt hatten an der Untersuchung 830 Patienten mit Melanom- Erkrankungen im Stadium I oder Stadium II teilgenommen. Es handelte sich um Kranke mit einem hohen Risiko auf Fortschreiten des Leidens, weil der Tumor entweder dicker als drei Millimeter war oder bereits in Lymphknoten in der Nähe des ersten Tumors Metastasen gefunden worden waren. Kleeberg: "Die Tumordicke von drei Millimeter ist so etwas wie eine Wasserscheide, was die Prognose betrifft." Wegen des hohen Risikos waren die Patienten nach der völligen Entfernung der ersten Geschwulst zusätzlich mit Interferon (alpha oder gamma) oder dem Mistelpräparat behandelt worden. Eine vierte Gruppe bekam keine der Therapien. Die Ergebnisse laut dem deutschen Fachmann: "Nach zehn Jahren gab es keinen Unterschied zwischen den einzelnen Gruppen." Rund 40 Prozent der Patienten, egal ob sie eine Therapie zusätzlich zur Operation bekommen hatten oder nicht, waren dann noch am Leben. Insgesamt - so die Diskussion der Fachleute im Anschluss an die Präsentation - gibt es derzeit keine schlagenden Beweise für den Effekt irgendeiner unterstützenden Therapie mit Interferon oder gar Mistelpräpraten bei Melanompatienten. Dies gilt auch für fortgeschrittene Fälle. "Mistelextrakte haben hier keinen Wert. In Deutschland und Österreich wurden sie häufig verschrieben", hieß es weiter. Es hätte für Patienten aus anderen europäischen Staaten keinen Sinn, deswegen solche Mittel für teures Geld in Deutschland oder Österreich zu bestellen. Allerdings gilt dies auch für die High-Tech-Interferone, die noch dazu deutliche Nebenwirkungen haben können. (APA)