Barbara Schett sucht den Egoismus. Sämtliche Versuche, ein fieser Mensch zu sein, scheiterten bisher kläglich. "Ich bin halt, wie ich bin. Was soll ich tun, ich werde mich auch nie ändern. Da müsste ich mich verstellen und so etwas geht meistens schief."Brauchbare Ansätze

Dabei hat sie brauchbare Ansätze gezeigt. Schett pfiff auf den Fed-Cup in Australien. Wollte dort nicht auf der Weide spielen, das hätte die Vorbereitung auf den Sand empfindlich gestört. "Ich spiele Tennis nicht wegen des Fed-Cups, sondern wegen der Weltrangliste. Das muss man doch verstehen." Sie habe sieben Jahre dem Team angehört und werde selbstverständlich wieder zur Verfügung stehen. "Nur das eine Mal nicht." Echt fies. Abgesehen davon sei eine Sehne im Fuß entzündet. Schett, irgendwie dankbar. "Ich hätte eh nicht können. Die Verletzung nervt. Spitzensport ist nicht gesund, aber das ist keine Neuigkeit." Und noch einmal: "Ich bin teilweise zu nett, muss egoistischer werden. Vielleicht ist das eine Frage der Routine. Aber eigentlich bin ich routiniert."

Gut im Geschäft

Schett ist gut im Geschäft. Vom Tennis momentan abgesehen. In der Weltrangliste ist die Tirolerin auf Platz 24 abgerutscht, 1999 ist sie noch Siebente gewesen. Im Fernsehen laufen gerade die neuen Spar-Spots, am Tennisplatz läuft wenig bis nichts. Die Entzündung ist maximal ein Gründchen. Werbekampagnen, und das ist gemein, nehmen auf aktuelle Ergebnisse keine große Rücksicht. "Die Spots kommen, auch wenn es gerade nicht klappt. So geht es aber nicht nur mir." Abgesehen davon werbe sie nur für Firmen, mit denen sie sich identifizieren kann. Spar hat insofern Glück, als daheim in Innsbruck, quasi vor der Türe, so ein Laden steht. "Ich bin dort schon als Kind immer hingegangen, ehrlich. Würde ich heute in ein anderes Geschäft gehen, hätte ich ein schlechtes Gewissen. Wahrscheinlich würden mich die Leute sogar schief anschauen."

Sympathieträgerin

Schett ist Sympathieträgerin. Sagt ihr Manager Marc Habermann von der Agentur Octagon. "Weil sie natürlich ist, gut ausschaut, Verträge einhält. Und weil sie Leistungen bringt." Gebracht hat. Bis zum absoluten Durchbruch, also bis zu Erreichen der Top Ten, war das Preisgeld ihr Hauptverdienst. Seither hat sich das Verhältnis zugunsten anderer Einnahmen verschoben, 70 Prozent machen die Werbegelder aus. Habermann: "Das ist die Folge gewesen. Aber sicher wäre es wichtig, wenn sie wieder viel gewinnt." Zuletzt hat sie viel verloren. Gegen Spielerinnen, die ihr fast unbekannt waren. In Dubai gegen eine gewisse Selima Sfar aus Tunesien. Oder in Estoril gegen die Slowenin Tina Pisnik. "Ich versuchte es mit der Brechstange, war unsicher, glaubte nicht an mich. Ich muss aggressiver sein, Selbstvertrauen entwickeln. Das geht nur durch ein Erfolgserlebnis." Etwa in dieser Woche in Hamburg.

Westentaschen-Anna?

Schett glaubt nicht, zur Taschenbuchausgabe der Anna Kournikowa verkommen zu sein. "Über so was muss ich nur lachen. Das geht bei einem Ohr rein und beim andern raus." In diversen Klatschspalten wurde ihr ein Verhältnis mit Trainer Harald Mair angedichtet. "Schwachsinn, wir kennen uns seit unserer Kindheit. Er heiratet bald. Nicht mich, seine Freundin." Aber natürlich halte sich der Spaß in Grenzen. "Ich sehe mich lieber auf Sportseiten."

Sensibel

Schett denkt nach. "Obwohl ich blond bin. Frauen denken generell mehr als Männer, sind sensibler. Bei mir muss alles stimmen, um Leistungen zu bringen, ich darf keine anderen Sorgen haben. Ein Mann scheißt sich weniger." Sie gibt zu, das ihr der Spaß am Tennis fast vergangen ist. Im Vorjahr. Da hat sie sich nach acht Jahren von Freund und Trainer Thomas Prerovsky getrennt. ",Ich wurde niedergesemmelt, egal ob ich gewonnen oder verloren habe. Das war nicht nur seine Schuld. Privates und Berufliches wurde zum Durcheinander." Anderes Beispiel: Martina Hingis hatte Streit mit ihrer Mutter, Melanie Molitor kündigte den Vertrag: als Trainerin, nicht als Mutter. Schett: "Weil sie das belastet hat, konnte Martina kaum Erfolge feiern. Man braucht Klarheit."

Potenzial

Schett hat Potenzial. "Es ist nicht absurd, von einem Sieg bei einem Grand-Slam-Turnier zu träumen. Auch eine Iva Majoli hat einmal die French Open gewonnen. Und die war nicht besser als die Schett ist. Das Potenzial steckt in mir. Es ist halt die Frage, ob ich es ausschöpfen kann." Wahrscheinlich müsse sie fieser sein. "Und da kommen mir schon wieder Zweifel."

(DER STANDARD, PRINTAUSGABE 20.4. 2001)