Josef Cap ist die Verärgerung anzumerken, wenn er immer und immer wieder darauf angesprochen wird, ob denn seine Wahl zum Klubobmann bedeute, dass die Sozialdemokratie auf Nato-Kurs gehe - und wenn nicht, ob er sich nicht selber untreu werde. Diese Fragen enthalten nämlich die Unterstellung, dass Cap ein eingefleischter Anhänger des Nordatlantik-Paktes wäre - das aber war und ist er nicht.

Vielmehr hat Cap vor fünf Jahren - als die Nato gerade neue Mitglieder eingeladen hat - den grundvernünftigen Standpunkt eingenommen, dass man eine Einladung nicht ausschlagen soll, noch ehe man sie überhaupt bekommen hat. Cap ist mit seiner Meinung in seiner Partei in der Minderheit geblieben. Weil aber die Nato eine Einladung an Österreich nur aussprechen will, wenn sowohl SPÖ als auch ÖVP (die FPÖ und die Grünen spielen in den Überlegungen der Nato eine geringere Rolle) zumindest verhandlungsbereit über einen Beitritt sind, ist die Sache mit dem Beitritt immer ein Gedankenspiel geblieben. Und es wird bis auf weiteres auch ein Gedankenspiel bleiben. Die Nato hat alle Hände voll damit zu tun, ihre neuen Mitglieder in die bestehenden Strukturen einzubinden - schon deshalb wird sie in nächster Zeit weder Österreich noch sonst wen einladen.

Eine ernst gemeinte österreichische Sicherheitspolitik muss sich daher von Scheindiskussionen darüber, ob die Nato an sich gut oder böse ist und ob ein Beitritt für unser Land sinnvoll sein könnte, lösen. Worüber wir zu reden haben, ist die Europäische Armee, die inzwischen im Aufbau begriffen ist. Während sich die Neutralitätsfetischisten in die gegenstandslose Nato-Diskussion verbissen haben, wurde weitgehend übersehen, dass längst auch Einheiten aus dem (formell immer noch neutralen) Österreich für die Europa-Armee fix verpflichtet sind. (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 2.5.2001)