Frankfurt/Main - Das unabhängige Betriebssystem Linux hat nun auch seine von der freien Entwicklergemeinde kritisch beäugten Milliardäre hervorgebracht. Die Gründer von Red Hat brachten ihre Firma am 11. August mit einem Ausgabepreis von 14 Dollar je Aktie an die Börse. Danach setzte die Red-Hat-Aktie zu einem Höhenflug an, der sie in der vergangenen Woche über die 100-Dollar-Marke und jetzt bis auf 130 Dollar je Aktie getrieben hat. So sind jetzt mindestens vier Linux-Freaks plötzlich zu Milliardären geworden. Die 1993 gegründete Firma scheint die hohen Erwartungen der Aktionäre bestätigen zu wollen und bescherte ihnen gleich nach Ablauf der börsenüblichen Schweigepflicht in der vergangenen Woche drei positive Nachrichten: ein Abkommen mit dem Computerhersteller Gateway, der für seine Server künftig auch Red-Hat-Linux anbieten will, einen Vertrag mit einem Großkunden und die Gründung einer neuen Vertretung, die das Geschäft in Asien beleben soll. Industrie vertraut auf Linux Der Vertrag mit der Burlington Coat Factory Warehouse Corp. und ihren mehr als 260 Geschäften sieht die Installation von Linux als System für Lagerhaltung und andere Aufgaben sowie die Betreuung und Wartung der Rechner durch Red Hat vor. Börsenanalysten werteten dies als Zeichen dafür, dass die Industrie Linux vertraut und als Betriebssystem für wichtige Geschäftabläufe akzeptiert. Der Aufstieg von Red Hat wird von der Linux-Entwicklergemeinde, der zahlreiche freie und unabhängige Programmierer angehören, zumeist scharf verurteilt, aber doch auch sehr aufmerksam verfolgt. So wurde eine Web-Seite eingerichtet, der Red Hat Wealth Monitor , auf dem ständig vermerkt wird, was Red Hat denn nun wert ist und wie reich die wichtigsten Aktionäre um Red-Hat-Chef Bob Young sind. Verbunden ist dies mit der Aufforderung «der Gemeinschaft» (The Community) an die Haupteigner, einen Teil ihres Reichtums, den sie schließlich vielen freien Programmierern verdanken, zumindest zum Teil wieder an «die Gemeinschaft» zurückfließen zu lassen. Bill-Gates-Vermögensuhr Der Red Hat Wealth Monitor ist eine Kopie der Bill-Gates-Vermögensuhr , auf der jederzeit abgelesen werden kann, wie reich der reichste Mann der Welt denn nun so gerade ist. Dies errechnet sich aus dem aktuellen Aktienkurs und der Zahl der Aktien, die Bill Gates an Microsoft besitzen soll. Gemessen daran sind die Red-Hat-Gründer noch ziemlich arm dran. Halloween 4 mit Red Hat 6.1 kommt Ende September Auch wenn die Red-Hat-Gründer jetzt Milliardäre sind - ihr neuestes Produkt, die Linux-Distribution Red Hat 6.1, gibt es weiter kostenlos im Internet. Auf dieser Basis erscheint Ende September Halloween Linux 4, eine einfach zu installierende deutschsprachige Linux-Ausgabe. Das sechs CD-ROM umfassende Paket enthält nicht nur neueste Linux-Programme wie den KDE-Desktop 1.1.2 und den Gnome-Desktop 1.0.12, sondern auch das Büroprogrammpaket StarOffice 5.1 und die Textverarbeitung WordPerfect 8.0 in der deutschen Version. (AP/red.)