Medien
"Stern" gewinnt Prozess um Buch über Stasi und Westmedien
Kein Einfluss der DDR auf "Stern"-Artikel aus dem Jahr 1967
Der Autor Hubertus Knabe darf nicht mehr behaupten, dass die DDR 1967 bei einem
"Stern"-Artikel über den Verleger Axel Springer ihre Finger im Spiel hatte. Dies
entschied das Landgericht Hamburg im Streit um das Buch Knabes über die Stasi
und deren Einfluss auf die Westmedien. Damit waren der Verlag Gruner + Jahr und
der frühere "Stern"-Mitarbeiter und jetzige Herausgeber der "Woche", Manfred
Bissinger, in ihrem Antrag auf eine Einstweilige Verfügung erfolgreich. "Das ist ein
großer Erfolg für den "Stern"", sagte der Gruner + Jahr-Anwalt Helmuth Jipp nach der
Entscheidung. "Propagandistisch aufbereitete Materialien"
Die Knabe-Äußerung, der "Stern" habe "propagandistisch aufbereitete Materialien" aus
der DDR gegen den früheren deutschen Bundespräsidenten Heinrich Lübke
verwendet, ist als Meinungsäußerung dagegen weiter zulässig. Hier scheiterte der
Verlag mit seinem Antrag auf eine Einstweilige Verfügung. 1966 hatte der damalige
SED-Propagandachef Albert Norden Lübke als "KZ-Baumeister" bezeichnet und
Baupläne mit der Unterschrift des CDU-Politikers vorgelegt. Der "Stern" hatte die
belastenden Dokumente veröffentlicht. Laut Gericht muss der Begriff "aufbereitet" nicht
bedeuten, dass das Material verändert wurde. Schon die Auswahl bestimmter
Materialien könne eine Form der Aufarbeitung sein.
Revision angekündigt
Jipp betonte in diesem Zusammenhang, das das Gericht ausdrücklich die Echtheit
der so genannten Lübke-Dokumente bestätigt habe. Die umstrittene Knabe-Äußerung
sei in einen Zeitungsartikel unter der Überschrift "Hetzer, Fälscher, Meinungsmacher"
gefallen. Die Einstufung der "bösen Bemerkung" als zulässige Meinungsäußerung ist
nach Ansicht des Anwaltes "sehr problematisch". Gegen diese Entscheidung der
Zivilkammer des Hamburger Landgerichts kündigte Jipp bereits eine Revision von
Gruner + Jahr vor dem Oberlandesgericht an.
"Einschüchterungsversuch"
Knabe sieht in dem Gerichtsverfahren einen "Einschüchterungsversuch" gegenüber
seinen Bemühungen, "ein hässliches Kapitel des westdeutschen Journalismus
historisch aufzuarbeiten". Der Historiker, der bis Ende März Mitarbeiter der
Stasi-Behörde war, ist zuversichtlich, dass sein Buch "Der diskrete Charme der DDR
-Stasi und Westmedien" wie geplant noch in diesem Monat im Münchner
Propyläen-Verlag erscheinen kann. (APA)