Ein Moskauer Gericht hat der Kreml-nahen Erdgaskonzern Gasprom die Mehrheit an dem kritischen Radiosender Echo Moskwy zuerkannt. Damit ist auch die letzte bedeutende kritische Stimme des früher unabhängigen Medienkonzerns Media Most am Freitag unter die Kontrolle des Kreml gekommen. Nach Ansicht des Gerichts verstieß Media Most gegen Auflagen zur Darlehenssicherung und musste deshalb seinen Anteil an Echo Moskwy und anderen Medien an Gasprom abtreten. Das Unternehmen Media Most, das der heute im Exil lebende Wladimir Gussinksi in den neunziger Jahren aufgebaut hatte und das sich in den letzten Jahren zur letzten bedeutenden kritischen Sendeanstalt Russlands entwickelte, hat Schulden bei Gasprom in der Höhe von 300 Millionen Dollar (336 Mill. Euro/4,62 Mrd. S). An Gasprom hält wiederum der russische Staat 39 Prozent. Über den Gaskonzern gelang es schließlich im April in einem putschartigen Vorgehen in der Nacht auf Karsamstag, die Kontrolle bei NTW zu übernehmen ( etat.at berichtete). Wenige Tage später wurde die kritische Tageszeitung Segodnja eingestellt und die Führung des Nachrichtenmagazins Itogi entlassen. Kritische Journalisten gehen online Daher war bereits befürchtet worden, dass nun Echo Moskwy als nächstes an der Reihe sein werde. Das Gericht entschied am Freitag, dass Gasprom weitere 25 Prozent an dem Radiosender zu. Bisher besaß Media Most mit 38 Prozent den größten Anteil an Echo Moskwy, während Gasprom nur 25 Prozent hatte. Über ein Drittel der Anteile verfügt weiterhin die Belegschaft des Senders. Nach der ersten Entlassungswelle war Echo Moskwy zunächst zum Sprachrohr des entlassenen Itogi-Chefredakteurs geworden. Auf den Internetseiten der Radiostation fanden auch die Ex-Jounalisten des Fernsehsenders NTW und der Tageszeitung Segodnja ein Forum. Außerdem nahm sich Echo Moskwy die Freiheit, nicht auf die offizielle Internetsite der Konzernschwester Itogie zu verweisen - statt dessen legte man einen Link auf die neue Online-Zeitung der alten Itogi-Redaktion: "Die echten Itogi" . Unterdessen hat ein Besuch des von Russland mit internationalem Haftbefehl gesuchten Gussinski in den USA heftige Reaktionen in Moskau ausgelöst. Anstatt von den US-Behörden festgenommen zu werden, sei Gussinski im Außenministerium und im Kongress empfangen worden, kritisierte das russische Außenministerium. Die russische Justiz wirft Gussinski Konkursverschleppung und Geldwäsche vor. Im April hatte Spanien ein russisches Auslieferungsbegehren gegen Gussinski zurückgewiesen, dennoch will Moskau weiter seiner habhaft werden. (APA/dpa/dos)