Wochenzeitung Jungle WorldöS 40,-/32 Seiten

Berlin 2001
A uf dem Cover prangt der Name Berlusconi als italienische Nudelsorte, die in sieben Minuten al dente gekocht ist, im Blatt werden dann die guten Beziehungen der CDU zu Silvio, dem "Ritter des blauen Teleschirms", beschrieben. Nach Demo-Berichten aus Deutschland, Reports über Waffenschiebereien argentinischer Minister und über rechte Paramilitärs in Mazedonien geht es in den Dschungel der Großstadt Berlin: "Unfertig wie Deutschland, das Haus", liest man im Bericht über das neue Kanzleramt. "Die Türen klemmen, und auf der Toilette hat auch noch niemand geputzt."

Jungle World heißt die großformatige Wochenzeitung, die sich mit der Machete des geschliffenen Wortes abseits medialer Trampelpfade durch die Realität der Gegenwart schlägt: angriffslustig, spöttisch und - wie Die Zeit lobend vermerkte - "undogmatisch links". Seit bald vier Jahren wird das Blatt von einer kleinen, sich selbst verwaltenden Redaktion editiert. Entstanden ist es im Sommer 1997 als Abspaltung von der jungen welt, einer PDS-nahen früheren Ossi-Zeitung. In Jungle World bekommen alle Gruppierungen, auch die linken, ihr Fett ab. Die alternative taz, die schon im 22. Jahr erscheinende Berliner tageszeitung, steht für sie "heute im Ruch, ein Regierungsblatt zu sein".

Neben beredten Klagen von Asylsuchern und Migranten über ihre miese Behandlung heißt es in einem Kommentar zum Beispiel auch: "Niemand, der noch alle Zwetschgen beisammen hat, kann bestreiten, dass Kurse, in denen Einwanderer Deutsch als Fremdsprache erwerben, nützlich sind."

Jungle World ist ein Blatt für Leserinnen und Leser, die, unabhängig von der eigenen Einstellung, wissen wollen, was von hellen Köpfen der Linken in Berlin heute gedacht wird. Aktuelle und ältere Texte, aber auch eine Liste der Verkaufsstellen in Österreich gibt es auf der Website jungle-world.com.
Erhard Stackl
Peter ?????, Paul ???? (Hg.)

(DER STANDARD, 15.5.2001)