Rom - Am 5. Mai 2000 ist Gino Bartali in seinem Haus in Ponte a Ema bei Florenz wenige Wochen vor seinem 86. Geburtstag einem Herzinfarkt erlegen. "Es ist, als wäre der Papst gestorben", sagte einer der letzten Weggefährten des "Championissimos", Alfredo Martini. Auf allen Sportplätzen Italiens wure mit einer Gedenkminute an den zweifachen Tour-de-France-Sieger und dreimaligen Gewinner des Giro d'Italia erinnert. Alle Zeitungen des Landes würdigten Bartali, einen der größten Radsportler aller Zeiten, auf ihren Titelseiten. Die größte Sporttageszeitung Italiens, die "La Gazzetta dello Sport", widmete "dem letzten Giganten des Radsports" ihre kompletten ersten vier Seiten. "Addio Bartali, die letzte Legende des Radsports und ein Stück italienischer Geschichte ist gestorben", schrieb "La Repubblica". Die Gigantenduelle zwischen Bartali und Fausto Coppi, seinem großen Rivalen in den 40er und 50er Jahren, sind Legende. "Bartali hat Italien Momente großer Freude geschenkt und unserem Land nach dem Krieg wieder Mut und Selbstvertrauen gegeben", würdigte Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi den Radsportler. Historiker behaupten gar, Bartali habe Italien vor einer blutigen Revolution bewahrt, als er 1948 am Tag des Attentats auf den italienischen Kommunistenführer Palmiro Togliatti mit seinem Etappensieg bei der Tour de France für einen gemeinsamen Jubel der verfeindeten Linken und Rechten in Italien gesorgt habe. "Bartali hat die Italiener von der Idee der Revolution abgelenkt", zitierte die "La Gazzetta dello Sport" den damaligen Staatspräsidenten Luigi Enaudi. In den 30er und 40er Jahren hatte der Mann mit der rauen Stimme den Radsport dominiert wie wenige andere. "Der König der Berge" (Corriere della Sera) wurde als "Maestro" gefeiert. Bei seinen Fans war Bartali auch wegen seiner asketischen Lebensweise und seiner tiefen Gläubigkeit beliebt. "Seine Kraft nahm er aus dem Glauben", sagte Martini. Bartalis größter Wunsche sei es gewesen, beim Start des 83. Giro am 13. Mai in Rom Papst Johannes Paul II. zu treffen, berichtete die "La Gazzetta dello Sport". Der Giro ehrte Bartali mit der ihm gewidmeten neunten Etappe in der Nähe seines Heimatortes in der Toskana. (APA/dpa/red)