Afrika
Auch sechs Jahre nach Peking keine Rechte für die Frauen Afrikas
Internationale Verträge bleiben Lippenbekenntnisse
Lilongwe, Mali, im Mai - In Afrika hat sich die Situation der Frauen
auch sechs Jahre nach der Pekinger Weltfrauenkonferenz nicht verbessert. In
den meisten Staaten des schwarzen Kontinents haben weder der in China
formulierte Aktionsplan noch andere internationale Abkommen zur
Frauenförderung Spuren in der nationalen Gesetzgebung und im täglichen Leben
hinterlassen.
Entwicklungsexperten und Frauenrechtler sind sich einig, dass Frauen, die in
Afrika mehr als die Hälfte der Bevölkerung stellen, nach wie vor wie
Menschen zweiter Klasse behandelt werden. "Das Gesamtbild ist tragisch, vor
allem, wenn man bedenkt, was alles in Peking versprochen worden ist", sagt
Stella Makanya von der internationalen Rechtsgruppe 'Women Law and
Development in Africa' (WILDAF).
Die Frauenkonferenz in Peking, der Höhepunkt einer Serie von UN-
Frauenkonferenzen, hat erstmals einen detaillierten Plan zur Verbesserung
der Lage der Frau vorgelegt. Trotzdem werden täglich Millionen Frauen
körperlich, seelisch und wirtschaftlich missbraucht, durchleben unsichere
Schwangerschaften, Geburten und Abtreibungen, werden sexuell belästigt und
sogar umgebracht, nur weil sie Frauen sind.
So ist es im Westen von Tansania bis heute üblich, alte Menschen und in
erster Linie Frauen zu töten. Dies hält man dort für den sichersten Weg,
Hexenzauber zu bannen. Sterben müssen auch weibliche Säuglinge, denn
männliche Nachkommenschaft ist einfach erwünschter. Weiter werden Mädchen
vielfach nicht zur Schule geschickt, schlecht ernährt und durch die
verbreitete Praxis der Genitalverstümmelung lebenslang geschädigt.
Zwei Millionen Mädchen werden jährlich beschnitten
Nach jüngsten Statistiken werden in Afrika jährlich zwei Millionen Mädchen
beschnitten und leiden in der Folge vielfach an chronischen
Unterleibsinfektionen, haben massive Probleme beim Gebären, ganz zu
schweigen davon, dass jeder Geschlechtsverkehr für sie zur Qual wird.
Auch sind nach einem Bericht des Weltkinderhilfswerks (UNICEF) von Anfang
März in Schwarzafrika Zwangsehen eher die Regel als die Ausnahme. In
völliger Missachtung des Rechts auf den freien Willen sind so in der
Demokratischen Republik Kongo (Kongo-Zaire) 74 Prozent der 15- bis
19-jährigen Mädchen zwangsverheiratet, in Niger sind es 70 Prozent, in der
Republik Kongo 56 Prozent und in Uganda und Mali je 50 Prozent.
Zudem leiden Frauen und Kinder überproportional stark in bewaffneten
Auseinandersetzungen, seit sich Vergewaltigungen und Sexsklaverei als Mittel
der Kriegsführung durchgesetzt haben. Darüber hinaus sind sie die häufigsten
Opfer von Menschenhändlern, die jährlich eine halbe Million Menschen als
billige Arbeitskräfte und Prostituierte in den Westen verkaufen.
Für besonders besorgniserregend halten Menschenrechtler die Tatsache, dass
alle jene Formen der Misshandlung selbst in Staaten verbreitet sind, die
internationale Abkommen wie die Konvention zur Beseitigung jeder Form der
Diskriminierung der Frau (CEDAW) unterzeichnet haben.
Nur sieben afrikanische Staaten sind dem Vertrag nicht beigetreten. "Ganz
offenbar unterschreiben die Regierungen, um sich in der internationalen
Gemeinschaft in ein gutes Licht zu rücken", sagte Makanya. Ratifiziert
würden die Verträge dann allerdings nur selten.
Aus der 14 Staaten zusammenfassenden Entwicklungsgemeinschaft Südliches
Afrika (SADC) schreiben nur die Verfassungen von Angola, Malawi und Namibia
die automatische Nationalisierung von internationalen und regionalen
Abkommen vor.
An der faktischen Rechtslage der Frauen hat dies allerdings nichts geändert.
In nur zwei SADC-Staaten - Südafrika und Mauritius - ist Gewalt in der Ehe
ein Straftatbestand. Aufklärungskampagnen jedoch werden auch hier nicht
durchgeführt.
Noch lange nicht erfüllt ist auch das von den Vereinten Nationen wie auch
von der Organisation für afrikanische Einheit (OAU) verlangte Ziel, den
Anteil der Frauen in führenden Positionen auf 30 Prozent zu erhöhen. Erst
unlängst haben die SADC- Staaten auf einer Konferenz in Lesothos Hauptstadt
Maseru jedoch angekündigt, dass sie ihre 'Declaration on Gender and
Development' in geltendes Recht verwandeln wollen.
Der 1997 von allen SADC-Staatschefs unterzeichnete Vertrag setzt den
Aktionsplan von Peking um und verlangt die Achtung der Frauenrechte bei
allen politischen Entscheidungen und öffentlichen Programmen. Nach der
Deklaration sollen Frauen bis 2005 30 Prozent aller Posten in der Politik
und in wichtigen Institutionen bekleiden. Weitere Forderung ist der
gleichberechtigte Zugang zu Land, Krediten und modernen Technologien.
Nach einem neuen Weltbankbericht wirkt sich die Anerkennung der
Frauenrechte, ihre Gleichstellung und Förderung positiv auf die Fähigkeiten
eines Staates aus, die Armut zu bekämpfen. Dem Report zufolge reichen die
Vorteile der Gleichberechtigung von sinkender Säuglings- und
Kindersterblichkeit über bessere Ernährung und geringere Geburtenraten bis
zu einer höheren Produktivität, steigenden Wachstums- und niedrigeren
HIV/AIDS-Zahlen und einem Rückgang der Korruption. (IPS)