Berlin/Frankfurt - Der Konjunkturpessimismus in Deutschland nimmt weiter zu. Nachdem Ökonomen und Bundesregierung ihre Prognosen bereits kräftig zurückgenommen haben, sehen Experten mittlerweile sogar die Marke von 2 Prozent Wachstum 2001 in Gefahr. "Ich sehe am Ende des Jahres beim Wirtschaftswachstum keine Zwei vor dem Komma", sagte der "Wirtschaftsweise" Bert Rürup der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Mit Ausnahme der Automobilindustrie gebe es einen massiven Einbruch bei den Auftragseingängen. Daher werde die deutsche Wirtschaft noch schwächer als angenommen zulegen. Dies könnte auch den Abbau der Arbeitslosigkeit bremsen, befürchtet das Mitglied im Sachverständigenrat der Bundesregierung. Nur wenn das Wirtschaftswachstum 1,8 bis 1,9 Prozent überschreite, reagierten Beschäftigung und Arbeitsmarkt. Arbeitslosenzahl schwer zu senken "Wenn die Konjunktur in Amerika nicht ganz, ganz schnell anzieht, wird es sehr schwer, die Arbeitslosenzahl auf 3,5 Millionen zu senken, wie Bundeskanzler Schröder versprochen hat." Die Regierung hatte kürzlich ihre Wachstumsannahmen für dieses Jahr von 2,6 bis 2,8 Prozent auf rund 2 Prozent zurückgenommen. Nur knapp sechs Wochen nach ihrem Frühjahrsgutachten denken auch die sechs führenden Wirtschaftsforschungsinstitute über eine erneute Absenkung ihrer Wachstumsprognosen nach. Dies geht aus einer Umfrage der "Berliner Zeitung" (Samstag-Ausgabe) hervor. Danach würden die Vorhersagen aus heutiger Sicht nochmals geringer ausfallen als im April. Zur Stützung der Konjunktur empfehlen die Wirtschaftsforscher der Bundesregierung weitere Entlastungen bei den Steuern und den Sozialabgaben. Ungünstige Entwicklung In ihrem damals veröffentlichten Gutachten hatten die Institute ihre Herbstprognose für 2001 von 2,7 Prozent Wachstum auf 2,1 Prozent heruntergeschraubt. Für 2002 wird mit einem realen Anstieg des Bruttoinlandsproduktes von 2,2 Prozent gerechnet. "Die Zahlen würden heute etwas geringer ausfallen als in dem Frühjahrsgutachten", zitiert die Zeitung einen Ökonomen vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). "Die konjunkturelle Entwicklung wird sich in unserer nächsten Prognose zur Jahresmitte möglicherweise etwas ungünstiger darstellen", ergänzte eine Expertin vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung. "Die Gesamtbelastung ist immer noch viel zu hoch", zitiert die "Berliner Zeitung" einen Ökonomen des ifo-Institutes für Wirtschaftsforschung. Nach Meinung der Experten könnten niedrigere Steuersätze auf mittlere Sicht zu einem höheren Steueraufkommen führen. Außerdem gäben Steuersenkungen Investitionsanreize und führten damit zu zusätzlicher Beschäftigung sowie steigendem Wirtschaftswachstum. (APA/dpa)