Netzpolitik
Frauen werden in Chaträumen oder via E-Mails immer häufiger bedroht
Cyberspace als Ort des Schreckens?
San Diego - Persönliche Belästigung im
Internet nimmt zu. Eine Studie des US-Justizministeriums
hat
herausgefunden, dass immer mehr Internetbenutzer in Chaträumen
oder via E-Mail belästigt und bedroht werden. Vizepräsident Al Gore
fordert daher neue Gesetze gegen das "Cyberstalking" und eine
konsequente Strafverfolgung der Belästiger: "Der Cyberspace sollte ein
Ort des Lernens und Forschens sein, nicht ein Ort des Schreckens",
sagte er am Donnerstag in San Diego. Zwar haben alle fünfzig
Bundesstaaten Gesetze gegen Belästigung, aber nur ein Drittel hat sie
explizit auf das Internet ausgedehnt. Die Definition von Belästigung
variiert, grundsätzlich ist es jedoch eine Handlung, die die
Unversehrtheit einer Person bedroht.
Die Studie stützt sich auf Aussagen von Staatsanwälten und
Polizeibeamten in den gesamten USA. Um eine Vorstellung vom Ausmaß
des Problems zu geben, werden zwei Spezialeinheiten in New York und
Los Angeles angeführt, bei denen "Cyberstalking" etwa 20 Prozent aller
Belästigungsfälle ausmachen. Nationale Statistiken gibt es bislang noch
nicht.
Wie in der wirklichen Welt sind die Cyber-Belästiger in der Regel
Männer, die Opfer Frauen. Auch sonst gibt es Gemeinsamkeiten, zum
Beispiel den Wunsch des Täters, das Opfer zu kontrollieren und
psychologisch zu terrorisieren. Oft sei die Belästigung via Internet
einfach "eine weitere Phase in einer Belästigungskampagne", so die
Studie. Aber sie könne im Internet ganz andere Ausmaße annehmen:
So hatte etwa ein 50-jähriger Ex-Wachmann den Online-Namen einer
28-jährigen angenommen. Dann gab er in Chaträumen und
Diskussionsforen bekannt, sie träume davon, vergewaltigt zu werden.
Auch ihre Telefonnummer und Adresse veröffentlichte er. Mindestens
sechsmal hätten daraufhin Männer an ihre Haustür geklopft und gesagt,
sie kämen, um sie zu vergewaltigen, berichtet die Studie. Der
50-jährige bekannte sich letzten April schuldig und könnte zu bis zu
sechs Jahren Gefängnis verurteilt werden.
Während die Anonymität des Internets die Strafverfolgung schwieriger
macht, empfehlen die Autoren eine ganze Reihe von Änderungen, die
den Trend stoppen könnten. Die Behörden müssten ein Gefühl für die
Technik und die damit verbundenen Probleme entwickeln. Die
Internetzugangsanbieter sollten sich auf einen Verhaltenskodex
einigen und eng mit den Behörden zusammenarbeiten. Zusätzlich solle
ein Internetangebot eingerichtet werden, das darüber informiert, wie
man sich schützen kann.
Auf Webseiten wie
CyberAngels.org
können
bereits Cyber-Verbrechen gemeldet werden. Außerdem werden
Ratschläge erteilt, wie man sich im Fall von "Cyberstalking" verhalten
soll. So wird den Opfern von Cyber-Belästigungen empfohlen, nicht auf
Provokationen zu reagieren und den Chatraum zu verlassen, sobald die
Situation bedrohlich wird. (pte/spiegel-online)