Washington - Der amerikanische Außenminister Colin Powell hat eine Überprüfung des Einreiseverbotes gegen den ehemaligen österreichischen Bundespräsidenten Kurt Waldheim zugesagt. Dies teilte Außenministerin Benita Ferrero-Waldner (V) am Montag nach einem Treffen mit Powell in Washington mit. Der frühere Bundespräsident und ehemalige Generalsekretär der Vereinten Nationen, Kurt Waldheim, war 1987 wegen seiner ungeklärten Weltkriegsvergangenheit auf dem Balkan auf die "Watch List" des State Department gekommen. Ferrero-Waldner sagte nach einem halbstündigen Gespräch mit Powell, die österreichische Bundesregierung habe diesen Zeitpunkt gewählt, um das Thema anzusprechen, weil sich nach der Veröffentlichung des CIA-Berichts herausgestellt habe, dass Waldheim keineswegs "in irgendeiner Form als Kriegsverbrecher erscheint". "Es ist nichts gegen ihn gefunden worden, und ich glaube, dass es deshalb auch eine Frage des nationalen Respekts ist, dies hier anzusprechen. Powell hat mir eine Prüfung zugesagt und das ist es, was ich eigentlich heute erwarten konnte", sagte Ferrero-Waldner. Außerdem gab die Außenministerin bekannt, dass die US-Regierung den Industriellen Lyons Brown Jr. zum neuen US-Botschafter in Österreich vorgeschlagen hat. "Ich habe das Agrement (Zustimmung Österreichs) mitgebracht", so Ferrero-Waldner. Kein "hastigen Truppenabzug" vom Balkan Weiters habe Powell erklärt, dass die USA keinen "hastigen Truppenabzug" vom Balkan planen würden, sagte Ferrero-Waldner. Zuvor hatte der amerikanische Verteidigungsminister Donald Rumsfeld den Abzug von 3.500 Soldaten vom Balkan in Aussicht gestellt. Ferrero-Waldner sagte vor Journalisten, sie hätte an Powell appelliert, keine Truppen abzuziehen, damit kein negatives Signal ausgesandt werde, dass eventuell Terroristen stärken könnte. Die Antwort sei gewesen, die Europäer müssten keine Sorge haben, dass sie eines Tages aufwachten und die Amerikaner sind weg. "Wir sind zusammen reingegangen, und wir werden auch zusammen rausgehen", zitierte Ferrero-Waldner den US-Minister. Das "sehr intensive" Gespräch war ursprünglich auf eine halbe Stunde angesetzt worden, hätte jedoch wegen der Vielfalt der Themen fast eine Stunde gedauert, sagte Ferrero-Waldner. Anschließend begleitete Powell die österreichische Ministerin bis zur Eingangstür des State Department, das Ferrero-Waldner zuletzt im November 2000 besucht hatte, als Madeleine Albright Außenministerin war. Ein Detail am Rande bemerkte ein Mitarbeiter Ferrero-Waldner. Ihm war aufgefallen, dass in Powells Arbeitszimmer alles noch so war wie zu Albrights Zeiten. Kooperation zwischen der EU und NATO "kurz angesprochen" In der Nahostfrage erkannte Ferrero-Waldner insofern große Unterschiede zur Vorgänger-Regierung in Washington, als Powell klar gemacht hat, dass die Beilegung des Konflikts zwischen Israel und den Palästinensersn in der Verantwortung der USA und der Europäischen Union liege. "Ich habe ganz besonders darauf hingewiesen, wie sehr es mir, aber auch der Europäischen Union, ein Anliegen ist, dass die EU und USA hier möglichst auf einer Linie liegen", sagte die Außenministerin. Powell habe allerdings darauf hingewiesen, dass für (den israelischen Premierminister Ariel) Sharon die Sicherheit für Israel "das Wichtigte" ist. So lange die Gewlttätigkeiten nicht aufhörten, werde auch kein Fortschritt möglich sein. Am Vormittag hatte Powell den amerikanischen Botschafter in Jordanien, William Burns, damit beauftragt, sich für die Umsetzung der bedingungslosen Einstellung der Gewalttätigkeiten einzusetzen. Nach Angaben von Ferrero-Waldner wurde auch die Kooperation zwischen der EU und NATO "kurz angesprochen". Dies liege den Amerikaner am Herzen. "Sie haben ein großes Interesse an einer solchen Zusammenarbeit. Powell verspricht Waldheim-Akte nochmals überprüfen lassen Beim Gespräch mit der amerikanischen Sicherheitsbeauftragten Condolezza Rice, das im Weißen Haus stattfand, sprach Ferrero-Waldner die "Frage der Zukunft Europas" an. Dies sei besonderes Anliegen von Rice gewesen. Des Weiteren habe sie Rice über die österreichische Initiative der Strategischen Partnerschaft mit dem EU-Beitrittskandidaten informiert, sagte Ferrero-Waldner. Die Amerikaner seien enorm daran interessiert, bilanzierte Ferrero-Waldner. "Sie glauben, dass es ein großer Beitrag zur verstärkten Stabilisierung Europas ist". Sowohl Rice als auch Powell erhielten von Ferrero-Waldner Einladungen, nach Wien zu kommen. Zum Thema Waldheim habe sie Colin Powell gebeten, die Sache einer nochmaligen Prüfung zu unterziehen, vor allem in Anbetracht der CIA-Akte, die keinerlei Angaben über irgendwelche Implikationen ergeben habe. "Er hat mir zugesagt, der Bitte von mir zu entsprechen", sagte Ferrero-Waldner. "Jetzt werden wir sehen, was die Amerikaner daraus machen". Einem: Außenministerin soll Österreich vertreten - nicht Waldheim SPÖ-Europasprecher Caspar Einem übt Kritik an Außenministerin Benita Ferrero Waldner (V) wegen ihrer Initiative zur Aufhebung des Einreiseverbots für Altbundespräsident Kurt Waldheim in den USA. "Es wäre wünschenswert, dass sich Ferrero-Waldner weniger als ÖVP-Politikerin um die Angelegenheiten des Altbundespräsidenten Waldheim kümmert, sondern mehr als Außenministerin um die Interessen Österreichs", betonte Einem am Dienstag gegenüber dem Pressedienst der SPÖ. Einem erklärte unter Berufung auf Medienberichte, "mit etwas mehr Sensibilität der Außenministerin" wäre es möglich gewesen, das Gipfeltreffen zwischen den Präsidenten der USA und Russlands, George Bush und Wladimir Putin, nach Wien zu bekommen. "Der unsensible und unnötige Vorstoß in Sachen Waldheim hat - in Verbindung mit der Regierungsbeteiligung der rechtspopulistischen FPÖ - nun selbst den konservativen US-Präsidenten von einem Treffen in Wien abgehalten", so Einem. Die SPÖ verlange von der Außenministerin, dass sie Außenpolitik mache und nicht als prominente Vertreterin der ÖVP unterwegs sei. Zur Aussage von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) im Ministerrat, man solle "einem alt gewordenen Mann Gerechtigkeit widerfahren zu lassen", meinte Einem: "Es geht darum, Prioritäten zu setzen: zunächst die Interessen Österreichs und dann die eines alt gewordenen Mannes." (APA)