Rom - Die Verbrechen eines in Rom ausgehobenen Pädophilenrings sind umfangreicher als zunächst angenommen. Wie die Polizei am Dienstag mitteilte, sind auf beschlagnahmten Computerdisketten und CD-ROMs die Namen von 30.000 möglichen Opfern gespeichert. Etwa 100 Kinder im Alter zwischen neun und 13 Jahren wurden den Ermittlungen zufolge vergewaltigt oder zur Prostitution gezwungen. Kopf der selbst ernannten "Front zur Befreiung Pädophiler" war ein 37-jähriger früherer Polizist. Am Wochenende hatte die Exekutive sechs Personen festgenommen, unter ihnen den Hausmeister einer Schule, die einer der Tatorte war. Bei Razzien in Wohnungen und Büros der Verdächtigen in Rom wurden tausende pornografische Fotografien, Videobänder und Computerdateien entdeckt. Auf vielen Videos war die Vergewaltigung von Kindern zu sehen. Nach mindestens 20 Verdächtigen werde noch gefahndet, teilte die Polizei mit. Zum beschlagnahmten Material gehört ein Schriftstück, in dem die Bande zu Terrorakten gegen Politiker, Polizisten, Priester und andere Personen aufruft, die gegen Pädophilie kämpfen. Die Beamten stellte bei der Razzia auch Utensilien zum Bau von Sprengsätzen sicher. Die Kinder wurden offenbar mit wertvollen Geschenken, wie Armbanduhren und Handys gelockt. In Rom versammelten sich am Dienstag zahlreiche Eltern mit Fotos ihrer Kinder vor einer Polizeistation, um sicher zu stellen, dass diese nicht unter den Opfern waren. Die Ermittlungen waren ins Rollen gekommen, nachdem eine Mutter Anzeige erstattet hatte, der das plötzlich ängstliche Verhalten ihres Sohnes aufgefallen war. Auf Grund der Aussagen des Buben wurde der frühere Polizist verhaftet. Dessen Angaben führten zu weiteren Verhaftungen. Das schlimmste Verbrechen "Pädophilie ist das Schrecklichste der Verbrechen. Man kann nur hoffen, dass sich die Gesellschaft verbündet, um die Kinderschänder zu isolieren", sagte der Chef der Linksdemokraten, Walter Veltroni. Der römische Polizeichef Baldassarre Favara, der die Ermittlungen geleitet hat, klagte wegen des "Gebots des Schweigens", das Kinderschänder und ihre Opfer in den meisten Fällen umgibt. Der Psychologe Paolo Crepet wies darauf hin, dass hinter Pädophilen organisierte Verbrecherbanden stecken, die wie die Mafia und die Camorra Milliardenumsätze machen. Das Internet habe ihre Gewinnaussichten auf gewaltige Weise gesteigert. Der Psychologe appellierte an betroffene Familien, so intensiv wie möglich mit der Polizei zu kooperieren und Kinder vor der Gefahr des sexuellen Missbrauchs zu warnen. (APA)