Europa
Nach Ende der Armee-Meuterei Ausschreitungen in Georgien
Soldaten forderten ausstehenden Sold - Proteste von Oppositionellen zum Unabhängigkeitstag
Tiflis/Moskau - Einen Tag nach der Meuterei eines
Armeebataillons ist es in Georgiens Hauptstadt Tiflis zu
Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten gekommen. Bei den
Prügeleien am Rande der Feiern zum 10. Jahrestag der Unabhängigkeit
seien mindestens 15 Polizisten verletzt worden, teilte die
Polizeiführung in Tiflis am Samstag nach Angaben der Agentur
ITAR-TASS mit. Etwa 600 Gegner von Staatspräsident Eduard
Schewardnadse hatten einen nicht genehmigten Aufmarsch durchgeführt.
Das Fernsehen zeigte Aufnahmen von Demonstranten, die mit
Holzkreuzen auf Polizisten einschlugen. Zwei Beamte seien mit
schweren Verletzungen in ein Krankenhaus gebracht worden. Über
Verletzte unter den Schewardnadse-Gegnern gab es zunächst keine
Angaben.
In der Nacht zum Samstag hatte der frühere sowjetische
Außenminister Schewardnadse etwa 500 meuternde Soldaten der
Nationalgarde, die seit Monaten ohne Sold blieben, zur friedlichen
Beendigung ihres Protestes überreden können. Das
Panzergrenadier-Bataillon kehrte am Samstagmorgen in die Kasernen in
Tiflis zurück. Schewardnadse verurteilte die unblutige Meuterei zwar
als "schweres Verbrechen", sicherte den Soldaten aber Straffreiheit
zu.
Putschversuch oder nicht?
Die Meuterer bestritten Erklärungen der Regierung, ihr eintägiger
Protest sei ein Putschversuch gewesen. Das Bataillon hatte sich am
Freitag in einer Polizeikaserne vor Tiflis verschanzt, um auf seine
Notlage aufmerksam zu machen. Grund für den Aufstand waren der
niedrige Sold, der zudem seit mehreren Monaten nicht mehr ausbezahlt
wird. Selbst ein ranghoher Offizier in der Armee der ehemaligen
Sowjet-Republik verdient nicht mehr als umgerechnet 800 Schilling (58
Euro) im Monat.
Die Ehefrau eines Aufständischen sagte, die Soldaten müssten Blut
spenden, um ihre Familien ernähren zu können. Als Soldaten hätten sie
keine andere Möglichkeit als einen Aufstand gehabt, um auf ihre
Situation aufmerksam zu machen, sagte der Anführer der Meuterei,
Georgi Kwirilaschwili.
Der georgischen Regierung fehlt das Geld, um ihre Soldaten
ausreichend zu versorgen. Aus finanziellen Gründen musste die zum Tag
der Unabhängigkeit übliche Militärparade in diesem Jahr abgesagt
werden. In der Vergangenheit waren in der Kaukasusrepublik mehrere
Putschversuche von Offizieren gegen Schewardnadse gescheitert. (APA/dpa)