Luxemburg - "Das Bankgeheimnis müsste ein Grundrecht sein", sagt Lucien Thiel, Präsident der Luxemburger Bankenvereinigung ABBL. Daher werde die EU ihren Entscheid von Feira vor einem Jahr revidieren müssen "und am Ende auf eine Quellensteuer auf Zinserträge übergehen". Das ist Wasser auf die Mühlen der österreichischen Position. Wien hat sich beim Finanzministertreffen im portugiesischen Feira gegen das Aus für das Bankgeheimnis ausgesprochen.

Die EU hatte sich ursprünglich auf ein Koexistenzmodell geeinigt: Die Staaten sollten zwischen einer Quellensteuer und einem Informationsaustausch über die Zinseinkünfte von EU-Ausländern wählen können. Die Briten lehnen dieses Modell ab und wollen nur eine Kontrollmitteilung, damit also ihre steuerliche Souveränität nicht gefährden.

Bankgeheimnis wahren

Luxemburg ist allerdings nur dann zu einem Informationsaustausch bereit, wenn diesem Modell auch Drittstaaten wie die Schweiz oder Liechtenstein zustimmen und das Bankgeheimnis für EU-Ausländer aufheben würden. Was derzeit nicht realistisch scheint. In der Schweiz ließen Stimmen in den vergangenen Wochen deutlich erkennen: Am Bankgeheimnis will man auf keinen Fall rütteln.

Thiel argumentiert daher für die Einführung der Quellensteuer: "Ein europäischer Steuerzahler sollte auch europäische Steuern zahlen. Was liegt näher, als eine Quellensteuer einzuführen?" Er schlägt eine Quote von fünf Prozent vor, die Idee der Brüsseler Subsidiarität vor Augen. Was bedeutet: Jeder Staat kann zumindest fünf Prozent Quellensteuer abschöpfen. "Aber sie können sich auch mehr holen, wenn sie einen Teil in die eigenen Kassen fließen lassen wollen", so Thiel. "Wir brauchen jedenfalls nur fünf Prozent." Luxemburg hat bereits 1992 eine Quellensteuer auf Zinserträge eingeführt. Das hat dem Land den Vorwurf eingebracht, ein Steuerparadies zu sein.

Natürlich werde die Steuerkonkurrenz auch in Zukunft "ein wesentliches Wettbewerbselement sein", doch sei diese nur ein Teil der Luxemburger Finanzwirtschaft. Heute verwaltet Luxemburg rund 875 Mrd. Euro (12.000 Mrd. S) im Bereich Investmentfonds. (Esther Mitterstieler, D ER S TANDARD , Print-Ausgabe, 26. 5. 2001)