Linz - Was Atomgegner schon seit Jahren anprangern, wurde nun durch Messungen des Forschungszentrums Seibersdorf erstmals offiziell bestätigt. Im Gebiet um die tschechische Deponie Mydlovary, zehn Kilometer von Budweis entfernt, auf der 36 Mill. Tonnen an radioaktivem Schlamm und Abwasser lagern, werden die Strahlungsgrenzwerte massiv überschritten. Otto Gumpinger vom Österreichisch Tschechischen Anti Atom Komitee und Josef Pühringer von der Plattform gegen Atomgefahr informierten in einem Pressegespräch am Dienstag über Einzelheiten. Gumpinger wirft den Betreibern und der zuständigen Aufsichtsbehörde, die auch für Temelin zuständige SUJB, "skandalös sorglosen Umgang mit radioaktiven Abfällen" vor. Die Lage beweise, "dass man den Angaben der SUJB nicht trauen darf". Auf der Deponie Mydlovary lagert auf einer Fläche von 260 Hektar radioaktiver Abfall, der aus der vor einigen Jahren eingestellten Uranerzaufbereitungsanlage stammt. Der Schlamm wurde - ohne jede Abdichtung zum Grundwasser - in Gruben gefüllt und - zum Schutz gegen Windverfrachtung - mit Wasser überdeckt. Das Gelände ist nur unzureichend abgesichert. Lediglich vereinzelt und nur in tschechischer Sprache weisen Schilder auf die Gefahr hin. Die Betreiberin der Deponie, die Firma DIAMO, habe dem Österreichisch Tschechischen Anti Atom Komitee Messungen durch österreichische Fachleute zugesagt, so Gumpinger. Als diese jedoch eintrafen, sei die Genehmigung widerrufen worden. Die Spezialisten aus Seibersdorf hätten lediglich Proben auf öffentlich zugänglichem Gelände nehmen können. Das Ergebnis habe die schlimmsten Befürchtungen bestätigt: der zulässige Strahlungsgrenzwert von 1 Millisievert pro Jahr sei um das 32-fache überschritten worden, nicht genehmigte Messungen im abgesperrten Gebiet ließen auf eine mindestens 100-fache Grenzwertüberschreitung auf der Deponie selbst schließen, so Pühringer. Obwohl es seit Jahren Vorwürfe von Atomgegnern gebe, hätten die Betreiber bis heute keine Untersuchungen über die Gesundheitsgefährdung der Anlage erstellt, so Pühringer. Tschechische Ärzte, die über die sprunghaft angestiegene Krebsrate in der Region berichtet haben, seien von offizieller Seite an Studien gehindert worden. Tatsache sei, dass in unmittelbarer Nachbarschaft Fischteiche, Geflügelzuchten, Campingplätze und Badeteiche situiert sind. In den, von Touristen gut frequentierten Gasthäusern der Region stehe Wild aus dem kontaminierten Gebiet auf dem Speisezettel. Die Sanierung der Deponie würde - grob geschätzt - etwa 40 Mrd. Kronen (16,0 Mrd. S) kosten, so Josef Pühringer. Dies wäre mit EU-Hilfe bewältigbar, während in Mydlovary nur etwa sechs Mill. Kronen pro Jahr für Sanierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen zu Verfügung stünden. (APA)