Helmut Brandstätter

Endlich eine Idee aus dem OP der Spin-Doktoren, die Journalisten Freude macht: Was gibt es Schöneres, als über Namen zu spekulieren, aus Persönlichkeiten oder auch nur Personen Minister zu machen. Ein internationaler Manager könnte einen Kämmerer ersetzen, ein richtiger Künstler den bemühten Staatssekretär ...

Doch halt: Wem fallen wir da rein - dem Kanzler und seinen derzeit noch besten Köpfen, die die Idee verbreiteten oder den bunten Blättern, die einen Vorwand haben, schon jetzt Kabinettslisten zu publizieren?

Alter Hut

Die Idee ist ja nicht neu, nur dass sie zuletzt ein wahrer Meister seines Faches unters erstaunte Volk gebracht hat. Bruno Kreisky hat immer wieder "besten Köpfen" zu Ministerwürden verholfen, entweder weil er statt eines verdienten Sozialisten lieber einen dankbaren Bürgerlichen um sich haben wollte, oder weil er das bürgerliche Lager verunsichern oder gar spalten wollte. Seine Suche nach einem "Kirchschläger für die Bauern" blieb allerdings erfolglos, die Aufnahme von Beamten und Generälen in sein Kabinett endete zuweilen im Skandal.

Immerhin - Kreisky hatte ein politische Ziel, aber offenbar manchmal eine getrübte Menschenkenntnis.

Viktor Klima hat - soweit ich weiß - seinen Vorvor-gänger nie kennengelernt. Kreisky bleibt auch einiges erspart: Was hätte er wohl zu einem Bundeskanzler gesagt, der sich von Umfragen und Umgebung so formen lässt? Viktor Klima hat mit den "besten Köpfen" auch kein politisches Ziel vor Augen, eher schielt er auf die Zustimmung der ... ja, der Menschen draußen im Lande - Zustimmung zu der Idee, dass anerkannte Fachleute die wenig beliebten Politiker wenigstens teilweise ersetzen könnten.

Das ist vielleicht populär, aber auch gefährlich. In unserer Demokratie müssen Parteien für ihre Ideen werben, wir können sie wählen und auch wieder abwählen. Wenn die Parteien diese Funktion auch nur teilweise aufgeben, machen sie sich überflüssig.

Und erkannt hat das wieder einmal Jörg Haider, der für mich - leider - der einzige ist, der einen politischen Wahlkampf führt. Wer ihn wählt, muss wissen, was auf ihn zukäme, von neuen Ausländergesetzen bis zur angeblichen Ordnung in den Redaktionsstuben.

Ich wäre jedenfalls schon froh, wenn bei der nächsten Regierungsbildung ein Teil unserer Realverfassung außer Kraft träte: Wie wäre es, wenn wirklich der beste Kopf Wirtschafts- oder Sozial- minister würde, und nicht derjenige, den sich ein Verein oder eine Kammer wünschen? Viktor Klima könnte schon jetzt das zweifellos populäre Versprechen abgeben, bei seiner künftigen Personalauswahl sich dem Druck von Pressure-Groups nicht mehr zu beugen.

Helmut Brandstätter, ehemals ORF-"Report"-Chef, ist Programmgeschäftsführer des Nachrichtensenders "n-tv" in Berlin.