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Foto: Reuters/Khursheed
Islamabad - Die vor drei Jahren von Pakistan durchgeführten Atomtests haben offenbar die nationale Friedensbewegung enorm gestärkt. Statt Feiern zum Jahrestag der Testexplosionen gab es dieses Mal Demonstrationen gegen die Atombombe und für den Frieden. "Wir wollen Brot, nicht Bomben", hieß es auf Spruchbändern, die Demonstranten in den letzten Tagen bei Veranstaltungen in der Hauptstadt Islamabad durch die Straßen trugen. "Gratuliere, wir sind nukleare Bettler", war auf anderen Bannern zu lesen. Den Verteidigungshaushalt zu kürzen und mehr Geld in die sozialen Bereiche zu stecken war die Hauptforderung der Protestierer, die zahlreich wie noch nie unterwegs waren. Am 28. und 30. Mai 1998 hatte Pakistan als Antwort auf die vorangegangenen indischen Atomtests sechs Atomsprengsätze gezündet. Der damalige Ministerpräsident Nawaz Sharif begründete den Schritt damit, nach den indischen Bombenexplosionen das strategische Gleichgewicht in Südasien wiederherstellen zu müssen. Sharif wurde ein gutes Jahr später vom Militär in einem unblutigen Putsch gestürzt. Seitdem fielen die Feiern des Jahrestags der Bombenexplosionen deutlich spärlicher aus und unterblieben dieses Jahr vollständig. Lediglich Pakistans oberster Militärmachthaber, General Parvez Musharraf, ließ in einer offiziellen Verlautbarung verkünden: "Es besteht völlige Einigkeit über den strategischen Nuklear-Plan Pakistans, und nichts wird die Nation davon abhalten, die nationale Sicherheit zu stärken." Fakten contra Pathos Dem Pathos setzten die Demonstranten Fakten entgegen. So rechnete das Bürger-Friedenskomitee (CPC), das sich nach den Atomtests gebildet hat, die Kosten der Atomrüstung vor. Auf umgerechnet 50 Millionen US-Dollar schätzt CPC die Kosten pro Bombenexplosion. Dies macht bei sechs Tests volle 300 Millionen Dollar. Demgegenüber beträgt der gesamte Staatshaushalt für Bildung und Gesundheit nur etwa 184 Millionen Dollar. Darüber hinaus weist das CPC darauf hin, dass Pakistan inzwischen zu den am schwersten verschuldeten Ländern der Erde gehört und sich schon konventionelle Rüstung nicht mehr leisten kann, geschweige denn, Atomwaffen. Derzeit stehen die pakistanischen Auslandsschulden bei 35 Milliarden Dollar, Tendenz weiter steigend. Mehr als 80 Prozent des gesamten Staatshaushalts gehen inzwischen in Rüstung und Schuldendienst. Das CPC, das die Demonstrationen zum Jahrestag organisiert und koordiniert hat, war kurz nach den Atomtests von Hochschullehrern, Studenten und anderen Aktivisten gegründet worden. Während die Friedensaktivisten zu Anfang nur wenig Zulauf hatten, erfreuen sie sich jetzt einer schnell wachsenden Unterstützung durch alle Gesellschaftsschichten. Bei der Demonstration am 28. Mai entrollten die Friedensdemonstranten eine 500 Meter lange Unterschriftenliste, deren Unterzeichner damit die Atomtests verurteilten und zu Frieden in Südasien aufriefen. Trotz Atomwaffen konventionelle Rüstung forciert Viele Menschen, so der Friedensaktivist Parvez Hoodhboy, fühlten sich inzwischen verschaukelt. Zu Anfang habe ihnen die Regierung suggeriert, mit Atomwaffen in der Hinterhand könne Pakistan künftig seine konventionelle Rüstung stark zurückschrauben und sei doch unangreifbar. "Aber seit den Tests wurde der Kauf von Panzern, Flugzeugen, Kanonen und Kriegsschiffen sogar noch forciert", klagt er. Pakistan sei sich der Gefahr bewusst, die von Atomwaffen ausgehe, begründete Maria Sultan vom Institut für strategische Studien die zurückhaltende Einstellung der Militärs zum Jahrestag. Die Führung wolle auch nach außen Verantwortung demonstrieren und habe deshalb auf alle Jubelfeiern verzichtet. (IPS)