Karlsruhe - Weltweit rücken Materialwissenschaftler näher an wichtige technische Anwendungen mit widerstandslos leitenden Supraleitern heran. Nun berichtet der Physiker Sungho Jin von Lucent Technologies in Murray Hill in der Fachzeitschrift " Nature ", wie er mit einem Mantel aus Eisen um den Supraleiter Magnesiumdiborid die Grundlage für einen neuen supraleitenden Draht gelegt hat. Selbst bei einem starken Magnetfeld von einem Tesla – dem 20.000-Fachen des Erdmagnetfeldes – leitet dieser Prototyp immer noch 30.000 Ampère pro Quadratzentimer. "Dieser Wert könnte für die Stromleitung schon hoch genug sein", beurteilt Paul Grant vom Electric Power Research Institute im kalifornischen Palo Alto dieses Ergebnis. Bei diesen magnetischen Feldern sind die meisten anderen Supraleiter nicht mehr einsatzfähig. Damit kommen die Supraleiter-Forscher auch einem Computer mit Taktraten von mehreren hundert Gigahertz näher. Zudem sind mit diesem Material kleine und trotzdem sehr kräftige Elektromotoren oder Stromleitungen ohne jeden Leitungsverlust möglich. Die übersehene Metallverbindung Erst im Januar dieses Jahres entdeckten Physiker die supraleitenden Eigenschaften bei der schlichten Metallverbindung Magnesiumdiborid (MgB2). Diese springt bei minus 234 Grad in den supraleitenden Zustand. "Obwohl über Jahrzehnte breit und systematisch nach solchen Supraleitern gesucht wurde, wurde MgB2 einfach übersehen", erklärt Roland Hott, Supraleiterexperte am Forschungszentrum Karlsruhe http://www.ifp.fzk.de/ die späte Entdeckung. "Das Anwendungsfeld für Magnesiumdiborid liegt in dünnen Filmen für elektronische Bauteile und Motoren mit hoher Kraftdichte", beurteilt Hott das Potenzial des neuen Supraleiters. Die Herstellung von Filmen und Bauteilen mit guten supraleitenden Eigenschaften gestaltet sich jedoch schwieriger als erwartet, weshalb sich seit Januar viele Forschergruppen der Optimierung dieses Supraleiters widmen. Denn neben der essenziellen Kühlung mit speziellen Kryokühlern oder flüssigen Gasen müssen die Supraleiter möglichst große Magnetfelder aushalten, ohne dass zu große Verluste bei der Stromleitung auftreten. Genau an diesem Punkt setzen die Forschungen von Jin an. "Diese Supraleiter können auch die Grundlage für schnelle Computerchips mit einigen hundert Gigahertz legen. Denn in diesen Geschwindigkeitsbereichen stößt die Siliziumtechnologie an ihre Grenzen", hebt Hott heraus. (pte)